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Alexander Dobrindt.

© dpa

Pkw-Maut: Alexander Dobrindt im Zwist mit Brüssel

Verkehrsminister Alexander Dobrindt blitzt bei der EU-Kommission mit seinem Maut-Plan ab. Die zuständige Kommissarin Violeta Bulc moniert eine Diskriminierung von Ausländern.

Der Ton zwischen der EU-Kommission und dem Verkehrsministerium wird im Streit um die Einführung der Pkw-Maut rauer. Kurz vor den Beratungen des Kabinetts über die Einführung der Maut an diesem Mittwoch teilte die zuständige Brüsseler Kommissarin Violeta Bulc Verkehrsminister Alexander Dobrindt schriftlich ihre Bedenken gegen die Einführung der Abgabe und die gleichzeitige Entlastung deutscher Autofahrer über die Kfz-Steuer mit. Dobrindt schrieb nach Brüssel zurück, EU-Ausländer hätten keine höhere Belastung zu tragen als Inländer. Die Einführung einer Infrastrukturabgabe stelle auch in der Kombination mit Freigrenzen bei der Kfz-Steuer keine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar. Denn alle im Inland zugelassenen Wagen würden durch die Kfz-Steuer einen Beitrag zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung leisten, der in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen sei.
Die große Koalition will ihre geplante Infrastrukturabgabe im Jahr 2016 einführen (im Koalitionsvertrag war sogar das Jahresende 2014 vereinbart, aber dieses Datum konnte Dobrindt nicht halten). Die Infrastrukturabgabe soll von inländischen und ausländischen Nutzern von Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden und laut Dobrindt insgesamt 3,7 Milliarden Euro erbringen. Um deutsche Autofahrer nicht stärker zu belasten, wird ihnen jedoch ein Teil der Kfz-Steuer erlassen, was etwa drei Milliarden Euro ausmacht. Das heißt, dass der Zusatzertrag aus der Abgabe von 700 Millionen Euro allein von Ausländern erbracht wird.

"Indirekte Diskriminierung"

EU-Verkehrskommissarin Bulc hat daher nach nach wie vor ein Problem damit, dass aus ihrer Sicht Ausländer durch die Autobahnmaut diskriminiert werden. Das geplante System führe zu einer „indirekten Diskriminierung“ von EU-Ausländern, schrieb Bulc in dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der bisher in Brüssel zur Prüfung vorgelegte Gesetzesentwurf „würde auf einen Bruch des fundamentalen Vertragsprinzips der Nicht-Diskriminierung hinauslaufen“, heißt es. Zudem moniert die Kommission, dass die geplanten Kurzzeit-Vignetten im Verhältnis zum Jahresbeitrag bei der Maut zu teuer seien. „Insbesondere Fahrer von Autos mit kleineren Motoren zahlen einen unverhältnismäßigen Preis für Kurzzeit-Vignetten im Vergleich zu Jahresvignetten.“ Die geplanten Kurzzeit-Vignetten sollen 22 Euro für zwei Monate und zehn Euro für zehn Tage kosten, während für die Jahres-Vignette je nach Wagenart bis zu 130 Euro verlangt werden. Im ersten Entwurf lag der Preis für die Zweimonatsmaut noch bei 20 Euro, mit der Verteuerung will Dobrindt offenbar die Einnahmen erhöhen, um den zumindest zu Beginn hohen Verwaltungsaufwand aufzufangen. Kritiker glauben, dass diese höher sein könnten als der Zusatzertrag.

Was wollte Dobrindt in Brüssel?

Kommissionssprecher Jakub Adamowicz erklärte, dass die EU-Kommission sich in den vergangenen Monaten mehrmals wegen der Pkw-Maut mit den deutschen Behörden ausgetauscht habe. Ende November habe Bulc dem deutschen Verkehrsminister bei einem Treffen ihre Sicht zur Einführung der Maut geschildert. Die Kommission unterstütze das Prinzip, wonach die Straßennutzung kostenpflichtig sein solle. Es dürfe dabei allerdings keine Diskriminierung unter den EU-Bürgern geben. „Alle Fahrer, Deutsche und Ausländer, müssen gleich behandelt werden“, sagte Adamowicz weiter. Der Brief von Bulc vom vorigen Freitag ist offenbar die Reaktion auf einen dringenden Wunsch Dobrindts, sich vor der Sitzung des Bundeskabinetts nochmals in Brüssel zu treffen. Stattdessen betonte sie in dem Schreiben ein weiteres Mal die Bedenken der EU-Kommission. Ein Sprecher Dobrindts warf Bulc vor, ihren Brief mit heißer Nadel gestrickt zu haben. Der Kommission hätten offenbar die beiden aktuellen Gesetzentwürfe – zur Einführung der Abgabe und zur Verrechnung der Kfz-Steuer – gar nicht vorgelegen. Diese waren von der Bundesregierung allerdings am vergangenen Dienstag verschickt worden.

Grüne: Kritik im EU-Parlament wirkt

Aus dem Umfeld von Bulc hieß es, bei dem Brief habe es sich um „ein persönliches Schreiben“ gehandelt, das nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen sei. Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Europaparlament, vermutet daher, es sei „aus Berlin“ an die „Bild“-Zeitung weitergereicht worden, die zuerst darüber berichtet hatte. „Die Strategie der CSU ist doch klar: Sie kann später sagen, sie habe es mit der Maut versucht, aber die böse EU habe es verboten.“ Als Ursache für die Kritik der Kommission sieht Cramer auch die überwiegend kritische Haltung im Europaparlament. Nach einer Anhörung zum Thema habe eine große Mehrheit des Verkehrsausschusses Bulc zum Handeln aufgefordert: „Wenn sie die Maut durchwinken würde, hätte sie in Brüssel fünf Jahre lang nichts mehr zu sagen“, glaubt Cramer. In der Bundesregierung war offenbar mit Zurückhaltung gerechnet worden. "Es bleibt das Geheimnis der Kommission, warum sie so kurz vor der Kabinettssitzung damit herauskommt", sagte ein EU-Diplomat dem Tagesspiegel.
Offiziell will die Kommission erst dann zur Maut Stellung beziehen, wenn das Gesetz im Bundestag verabschiedet ist. EU-Sprecher Adamowicz betonte am Montag nochmals, die Kommission werde „als Hüterin der Verträge das Gesetz bewerten, sobald es angenommen wird“. Neben der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission sind auch Klagen aus Nachbarländern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) denkbar.

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