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Wirtschaft: Planen, bauen, testen

Im vergangenen Jahr mussten viele Unternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Jetzt fehlen Fachkräfte. Nicht nur Ingenieure sind gefragt

Eigentlich war Peer Krömann mit seiner Studienwahl auf der sicheren Seite. Er hat sich nicht für Architektur eingeschrieben oder die eher als brotlose Kunst geltende Philosophie. Peer Krömann hat Maschinenbau studiert, ein Fach, das in Deutschland gute Karrierechancen verspricht. Und dann wurde er beruflich doch erst einmal ausgebremst.

Zwar musste er nach dem Diplom nicht lange nach einem Job suchen. Vor knapp zwei Jahren stieg der heute 26-jährige Maschinenbauer bei dem Berliner Hersteller von Tablettenpressen „Korsch“ ein. Doch wenige Monate danach wuchs die Branche, die so lange als Wachstumsmarkt galt, plötzlich nicht mehr. Krömann blieb nicht erspart, vorübergehend in Kurzarbeit zu gehen.

Das 1918 gegründete Unternehmen Korsch produziert mit rund 170 Mitarbeitern Maschinen, die Tabs für die Reinigungsmittelindustrie, Pillen für die Pharmaindustrie oder Pfefferminztabletten für die Nahrungsmittelindustrie pressen. Korsch ist international aufgestellt, weltweit mit Tochtergesellschaften und Büros vertreten. Die Maschinen sind von Amerika bis Asien im Einsatz. Alles lief gut, bis die Wirtschaftskrise kam.

Sie hat der exportstarken deutschen Schlüsselindustrie, und auch Korsch, heftig zu schaffen gemacht: In großem Rahmen fielen vor allem Aufträge aus dem Ausland weg. Laut Verband des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) lagen die Umsatzeinbußen im vergangenen Jahr im Bundesschnitt bei 25 Prozent, zeitweise waren weit mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Kurzarbeit, es gab Entlassungen.

In Berlin wirkte sich die Krise mit Umsatzrückgängen von im Schnitt unter zehn Prozent nicht ganz so verheerend aus. Entsprechend moderat waren die Einschnitte auf dem Arbeitsmarkt. Es wurden zwar auch in Berlin Stellen abgebaut“, sagt Viktor Itkin von der Berliner Agentur für Arbeit, viele mittelständische und kleine Betriebe hätten sich aber mit Kurzarbeit durch die mageren Zeiten gerettet. „Doch die Lage bessert sich von Woche zu Woche. Vor allem die Nachfrage aus dem Ausland zieht wieder an“, sagt Itkin. Im April zählte die Branche in Berlin 7479 Beschäftigte in 36 Betrieben, ein Minus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit Ende Juni nun liegen der Agentur wieder 324 Stellenausschreibungen von Maschinenbau-Firmen vor, in der nicht nur Maschinenbauer und Techniker gesucht sind, sondern auch Informatiker, Vertriebspersonal und Projektmanager. Vermutlich werde Ende des Jahres wieder das Beschäftigungsniveau von vor der Krise erreicht sein, so Itkin.

Bis auf wenige Ausnahmen gilt, dass die Branche nun wieder nach Fachkräften sucht. „Gerade Automatisierungstechniker sind stark gefragt“, weiß Sven Renkel vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Mit speziellen Kenntnissen hat man bessere Chancen. Maschinenbauer mit Schwerpunkt Energietechnik etwa, sind in der Energiebranche gefragt, um Anlagen für Kraftwerke zu entwickeln.

Um seine Perspektiven zu verbessern, sollte man schon im Studium Schwerpunkte setzen. „Besonders zukunftsträchtig sind die Richtungen Mechatronik, Mikrotechnik, Biomedizinische Technik und Virtual Reality“, sagt der Dekan der Fakultät Verkehr und Maschinenwesen der Technischen Universität (TU) Berlin, Utz von Wagner. Letzteres werde für Entwicklungsaufgaben benötigt. An der TU werden diese Richtungen in den Schwerpunktmodulen des Bachelorstudiums Maschinenbau und Physikalische Ingenieurwissenschaft angeboten.

Peer Krömann hat sich auf Mechatronik spezialisiert und ist bei Korsch als Elektro-Projekteur für das elektronische Zubehör der Tablettenpressen, für Sensoren, Messtechnik und Motoren, zuständig. „Spannend finde ich, dass viele Maschinen ein Unikat sind“, sagt der Berufseinsteiger. Je nach Kundenwunsch muss er neue technische Lösungen finden.

Auch bei Siemens in Berlin ist man optimistisch: „Die Auftragslage sieht wieder besser aus. Bei Gasturbinen sind große Aufträge reingekommen“, meldet die Pressestelle. Aktuell hat der Konzern allein in der Hauptstadt 100 Stellen zu besetzen. Dabei sind nicht nur explizit Maschinenbauer, sondern auch andere technische Professionen gefragt. „Wir suchen vor allem Versuchsingenieure, Entwicklungskonstrukteure, Entwicklungsingenieure und Projektmanager“, erklärt Personalleiter Heiko Brockbartold. Gefragt seien Spezialisten, die Berufserfahrung vorweisen können. Auch Vertriebsfachleute mit guten Englischkenntnissen und der Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, haben gute Karten.

Auch für das neue Technologiezentrum von Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) werden im nächsten Jahr Maschinenbauer gesucht. Außerdem will das Entwicklungszentrum Ingenieure aus den Fachrichtungen Elektrotechnik, Elektronik, Informatik und Feinwerktechnik einstellen. Nicht alle geplanten 750 Stellen jedoch werden neu geschaffen. 550 Entwickler und Servicekräfte werden vom alten BSH-Produktionsstandort Berlin-Gartenfeld übernommen, der 2012 geschlossen werden soll.

Auch Korsch will wieder einstellen. „Wir suchen Ingenieure mit der eher ungewöhnlichen Kombination an Fachkenntnissen in Mechanik, Elektronik und Software“, sagt Personalleiterin Katrin Lemke. Auch im Vertrieb soll das Personal aufgestockt werden. Gefragt sind Absolventen mit Berufserfahrung, Branchen- und Fremdsprachenkenntnissen.

Peer Krömann war für die Firma ein idealer Kandidat. Er hatte Know-how in Maschinenbau und Mechatronik und konnte zudem ein sechsmonatiges Praxissemester in einer kleinen Firma vorweisen, die Schaltschränke für große Konzerne plant. Was er dort gelernt hat, kann er heute gut gebrauchen. Schaltschränke gehören zu jeder Tablettenpresse von Korsch dazu. Auf das Unternehmen ausgerichtete Berufserfahrung hat ihn zur begehrten Fachkraft gemacht.

Andreas Monning

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