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Wirtschaft: Polen will Stahlbereich entstaatlichen

BERLIN .Der für die Beitrittsverhandlungen der osteuropäischen Staaten in die EU verantwortliche Brüsseler Generaldirektor Günter Burghardt hat gestern die polnische Regierung aufgefordert, die Zahl der im Moment 49 Regierungsbezirke (Wojewodschaften) zu verringern.

BERLIN .Der für die Beitrittsverhandlungen der osteuropäischen Staaten in die EU verantwortliche Brüsseler Generaldirektor Günter Burghardt hat gestern die polnische Regierung aufgefordert, die Zahl der im Moment 49 Regierungsbezirke (Wojewodschaften) zu verringern.Damit könnten auf polnischer Seite der Oder erstmals Verwaltungseinheiten entsprechend der drei angrenzenden deutschen Bundesländer geschaffen werden, sagte Burghardt während der Unternehmerkonferenz "Polen auf dem Weg" in Berlin.Mehr als 100 Firmen haben sich für die zweitägige Veranstaltung der IHK-Tochter BAO Marketing Service GmbH angemeldet, die zeitgleich mit der Polnischen Woche in Berlin stattfindet.

Die EU-Kommission hatte Ende Mai 34 Mill.von insgesamt 150 Mill.Ecu (rund 295 Mill.DM) des Phare-Programms für Polen gestrichen, weil die Anträge nicht mit den im Vorfeld der Beitrittsgespräche verhandelten Prioritäten übereinstimmten.Gleichzeitig fließen besonders die EU-Mittel für die grenznahen Regionen (53 Mill.Ecu) wegen fehlender Projektvorschläge "nur sehr schwierig ab", sagte Burghardt.Den drei angrenzenden ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen fehlten vielfach Ansprechpartner auf polnischer Seite, da die Verantwortlichkeiten zwischen der Zentralregierung in Warschau und den Wojewodschaften nicht hinreichend geklärt seien.Dabei sei gerade die grenznahe Projektförderung eine der wichtigsten Prioritäten der EU-Kommission.Bei solchen Projekten können polnische Phare-Mittel auf deutscher Seite mit Geldern aus dem Interreg-Programm gekoppelt werden.

Die Verringerung der Wojewodschaften von 49 auf zwölf bis 16 Einheiten wurde gestern auch im Polnischen Parlament diskutiert: Wirtschaftsminister Janusz Steinhoff wurde deshalb in Berlin von seinem Staatssekretär Bernard Blaszczyk vertreten.Er machte deutlich, daß die Gefahr der "Überhitzung" der polnischen Wirtschaft in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres "zurückgewiesen wurde".Die Inlandsnachfrage nach Konsumgütern habe sich verringert, die Regierung hoffe auf eine Senkung der Inflationsrate bis zum Jahresende auf unter zehn Prozent (Dezember 1997: 13,2 Prozent).Die polnischen Devisenreserven beliefen sich zum Jahresende 1997 auf 24,4 Mrd.US-Dollar.

Die ausländischen Direktinvestitionen sollen bis Jahresende von 17,7 Mrd.US-Dollar seit 1990 auf 20 Mrd.US-Dollar gesteigert werden.Dabei nehmen die 6000 in Polen tätigen Unternehmen aus der Bundesrepublik zusammengefaßt schon jetzt den zweiten Platz hinter den USA ein (5,5 Mrd.DM).Insgesamt stehe Polen bei den Auslandsinvestitionen schon jetzt auf dem Spitzenplatz unter den Mittel- und Osteuropäischen Staaten, noch vor Ungarn und der Tschechischen Republik.Das ausländische Engagement konzentriert sich bislang freilich vor allem auf den Nahrungsmittel-Sektor (34 Prozent) und den Bereich Elektro, Maschinenbau, Autoindustrie (27 Prozent).Der Telefon-Monopolist Telekomunikacja Polska SA soll "in nächster Zeit" entstaatlicht werden, kündigte Blaszczyk an.Genauso das größte polnische Versicherungsunternehmen PZU, die staatliche Bank PKO SA.Im kommenden Jahr werde die staatliche Fluggesellschaft LOT folgen.

Zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Zielen seiner Regierung gehöre die Verringerung der Beschäftigten im Montanbereich von derzeit 240 000 auf 126 000 Bergarbeiter im Jahr 2002, dem von Polen anvisierten Beitrittsdatum zur EU.Die Förderleistung soll von derzeit 137 Mill.Tonnen auf 112 Mill.Tonnen Kohle verringert und die Produktivität in die Höhe geschraubt werden.Für die Gesundung der polnischen Stahlindustrie warb Blaszczyk um ausländische Investitionen.

Heute soll der EU-Kommission ein entsprechendes Sanierungsprogramm für die polnischen Staatshütten vorgelegt werden.In dem Papier will Polen um den Erhalt des Importzolles für Stahl von sechs Prozent über das laufende Jahr hinaus werben, um den Transformationsprozeß in diesem Bereich abzufedern.

FRANK HOFMANN

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