zum Hauptinhalt
Mit Megafon. Aber Nicoley Baublies wird nur selten laut, sagen Wegbegleiter.

© dpa

Porträt: Nicoley Baublies - der Chef in der Kabine

Erst seit fünf Monaten steht der Mann mit der Kurzhaarfrisur und der tiefen Stimme an der Spitze von Ufo. Nicoley Baublies führt den Lufthansa-Streik an - und hat dabei nicht nur mit dem Arbeitgeber zu kämpfen.

Seinen Wechsel aus der Industrie hat er bislang noch nicht bereut. Jahrelang arbeitete Nicoley Baublies als IT-Berater, fand den Job vor dem Bildschirm dann aber zu langweilig. 2004 ging er zur Lufthansa, als Flugbegleiter. Über Langeweile kann sich der 39-Jährige nun nicht mehr beklagen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Unabhängige Flugbegleiter Organisation (Ufo) muss die Flugbegleiter durch ihren ersten unbefristeten Streik überhaupt führen. Am Dienstag wird er fortgesetzt.

Ufo hatte die Lufthansa am Freitag zum ersten Mal für acht Stunden bestreikt – jedoch nur am Frankfurter Flughafen, dem größten Drehkreuz in Deutschland. Dennoch waren europaweit Hunderte Flüge ausgefallen, Tausende Passagiere gestrandet. Für die Airline entstand nach eigener Darstellung ein Schaden in Millionenhöhe. Erst am Samstag hatte sich die Lage nach und nach entspannt. Wo es nun am Dienstag weitergeht mit den Streiks, war zunächst unklar. Ausgeweitet werden sie auf jeden Fall. Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wonach Düsseldorf, München und Berlin in Gewerkschafterkreisen als favorisierte Streikstandorte genannt wurden, wollte Baublies dem, Tagesspiegel nicht bestätigen. Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht: Die Lufthansa plant einem Sprecher zufolge derzeit keine Verbesserung ihres Angebots über ein Gehaltsplus von 3,5 Prozent bei längerer Arbeitszeit.

Fotogalerie: So streikte das Kabinenpersonal am Freitag

Bislang hat sich Baublies wacker geschlagen. Immer neue Gesprächsrunden wurden in letzter Minute anberaumt, allzu harsches Vokabular vermied er, obwohl die Tarifverhandlungen bereits seit Monaten laufen. Selbst als dann vor knapp einer Woche alle Verhandlungen ergebnislos abgebrochen werden, blieb Baublies betont sachlich, sprach von einem „tragischen Scheitern“. Er weiß, wie sehr er in den kommenden Wochen unter Beobachtung steht. Ein Streik bei einer Airline sorgt immer für Zündstoff, für Frust und Wut bei den gestrandeten Fluggästen. Erst recht, weil in der Vergangenheit vor allem die gut verdienenden Piloten und Fluglotsen mit teils gewaltigen Forderungen für Unmut gesorgt hatten.

Doch Baublies spricht für eine Berufsgruppe, die mit 1800 bis 4000 Euro und bis zu 7000 Euro bei Führungskräften im allgemeinen Tarifbild der Lufthansa eher moderat verdient. Er spricht aber vor allem für eine Gruppe, die zuletzt durch interne Querelen auf sich aufmerksam machte. Durch Ufo geht seit Längerem ein Riss. Auf der einen Seite stehen die kompromissbereiten Funktionäre, auf der anderen die Hardliner. Etwa beim Thema Leihstewardessen. Wochenlang verhandelte Ufo mit Lufthansa über diesen Punkt, am Ende scheiterte jeder Vorschlag am Widerstand der Falken in der Gewerkschaft. Es drohte die Spaltung, doch dann kam Moderator Baublies. „Er wird selten laut in Gesprächen, selbst wenn es um ihn herum lauter werden sollte“, beschreiben ihn Wegbegleiter.

Erst seit fünf Monaten steht der Mann mit der Kurzhaarfrisur und der tiefen Stimme an der Spitze von Ufo. Doch ein Neuling ist er in Sachen Tarifverhandlungen nicht. Seit 2008 sitzt er in der Tarifkommission der Lufthansa. Von dort kennt er auch seine Verhandlungspartner. Etwa Peter Gerber, den Personalchef des Passagiergeschäfts. Er schätze Gerber sehr, sagt Baublies ganz freimütig. Dass er nun gegen ihn einen Streik führen muss, Gerber und seine Vorstandskollegen mit der Strategie, die Streikorte erst kurz vorher bekannt zu geben, mächtig ärgert, gehört für ihn aber dazu. „Wir hätten diesen Streik gerne vermieden“, sagt er.

Es ist die geschickte Mischung aus Härte und Entgegenkommen, die Baublies auszeichnet. Sie hilft, die weiterhin drohende Spaltung der Ufo zu verhindern. Sie hilft aber vor allem, in dem Tarifstreit nicht von vorneherein als Minigewerkschaft mit unverschämten Ansprüchen und Forderungen dazustehen. (HB/mit dpa)

Jens Koenen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false