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Unter Stress. Die Hauptstadt Lissabon und die Sparanstrengungen der Regierung stehen unter besonderer Beobachtung der Ratingagenturen.

© dpa

Portugal: Weihnachtsgeld für den Staat

Trotz harter Sparbemühungen: Moody’s wertet Portugal ab und wird von Barroso und Schäuble kritisiert. Eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit Portugals ist dennoch nicht ausgeschlossen.

Lissabon – Eine bittere Stunde für Portugals neuen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho: Nur einen Monat nach dem Machtwechsel in Lissabon verpasste die Ratingagentur Moody’s der konservativen Regierung eine Ohrfeige. Die Kreditwürdigkeit wurde gleich um vier Noten auf das Ramschniveau Ba2 abgestuft. Vor allem, weil die Haushaltssanierung nicht vorankomme und weil möglicherweise ein zweites milliardenschweres Rettungspaket notwendig werde.

Damit rettete auch der jüngste Sparbeschluss von Coelho sein Land nicht vor dem vernichtenden Urteil. Gerade erst hatte er den Spar-Katalog erweitert: Portugals Arbeitnehmer, die ohnehin schon unter Niedriglöhnen, Steuererhöhungen und sozialen Einschnitten ächzen, müssen nun auch die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes dem Staat überlassen. Um das Schuldenloch zu stopfen, das 2010 9,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betrug und in 2011 eigentlich auf 5,9 sinken soll. Doch die Analysten von Moody’s sehen „ein wachsendes Risiko“, dass Portugal auch mit dem von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) geschnürtem Rettungspaket in Höhe von 75 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre nicht aus dem Tal komme. Möglicherweise werde „eine zweite Runde“ internationaler Hilfe notwendig und vielleicht, wie in Griechenland angestrebt, sogar mit Beteiligung der privaten Gläubiger. Zudem hat Moody’s „verstärkte Sorgen, dass Portugal nicht völlig in der Lage sein wird, die Ziele der Defizit-Reduzierung und Schulden-Stabilisierung“ zu erreichen. Die Regierung hatte mit EU und IWF vereinbart, die Neuverschuldung bis zum Jahr 2013 wieder auf unter drei Prozent zurückzufahren. Als Voraussetzung für den Notkredit verpflichtete sich Portugal zu harten Sparauflagen und Reformen.

„Wegen der riesigen Herausforderungen“ sieht Moody’s eine „wachsende Wahrscheinlichkeit“, dass sich Portugal auch von 2013 an nicht selbst am Finanzmarkt finanzieren kann. Zumal auch die portugiesische Wirtschaft derzeit schrumpft und eventuell noch einige Banken vom Staat gerettet werden müssen. Kurz: Die Aussichten für Portugal bleiben für Moody’s „negativ“. Eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit ist demzufolge nicht ausgeschlossen. Mit der neuen Kredit-Note Bb2 werden langfristige portugiesische Anleihen als „spekulative“ Geschäfte eingeschätzt, bei denen „mit Ausfällen zu rechnen“ ist und von einer Investition eher abgeraten wird. Mit der „Ramschnote“ Bb2 liegt Portugal aber immer noch fünf Stufen über Griechenland, das inzwischen mit der Caa1 bei Moody‘s völlig durchgefallen ist. Zum Vergleich: Deutschlands Bonität erfreut sich der Bestnote von Aaa.

Der Aufschrei in Portugal ließ nicht lange auf sich warten: Finanzminister Vitor Gaspar bezeichnete die Ohrfeige von Moody’s als ungerecht. Die neue Regierung habe ein „robustes Sparprogramm “ verabschiedet, das auch von den oppositionellen Sozialisten mitgetragen werde. Die Finanzagentur ignoriere die jüngsten Beschlüsse der Regierung, die sich zur Umsetzung aller EU-IWF-Auflagen verpflichtet habe. Wirtschaftsexperten sprachen empört von einem „Angriff“ auf Portugal: Die radikale Herabstufung sei, „unmoralisch und beleidigend“, wetterte der Präsident der staatlichen Bank Caixa Geral de Depositos.

EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso, ehemals Regierungschef in Portugal bewertete die Entscheidung als ein „weiteres spekulatives Element“ zu Lasten Portugals. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich in Berlin verständnislos. Er könne nicht erkennen, welche Einschätzung dem Moody’s-Urteil zugrunde liege.

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