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POSITION: Die EZB muss ihre Waffen zeigen

Die Schulden aller Mitgliedstaaten sollten garantiert werden

Die Kanzlerin hat zwar schon abgewiegelt, ein Befreiungsschlag sei nicht zu erwarten, und es gebe auch nicht die eine, schnelle Lösung der Euro-Krise. Zur dauerhaften Stabilisierung der Erwartungen bedarf es gleichwohl eines Befreiungsschlags, mit dem die Richtung festgelegt wird, in der die Krise überwunden werden soll. Er sollte mit der Aussage beginnen, dass die Staatsschulden aller Mitgliedstaaten bis 2013 garantiert werden. Die Glaubwürdigkeit dieser Aussage müsste durch eine entsprechende Ausstattung des Rettungsschirms (EFSF) mit Finanzmitteln und Kompetenzen untermauert werden.

Beides ist durch vergangene Beschlüsse schon auf den Weg gebracht. So soll der EFSF in Zukunft auch das Recht haben, Staatsanleihen von in Schwierigkeiten geratenen Mitgliedstaaten aufzukaufen, zudem wird das Finanzvolumen merklich erhöht. Schon mit diesem Instrumentarium ist es möglich, Krisenländern Kredite zu relativ niedrigen Zinsen im Vergleich zu den Angeboten auf den Finanzmärkten zu geben. Alle Berechnungen zeigen, dass die Zinshöhe darüber entscheidet, ob zum Beispiel Griechenland seine Schuldenlast nicht nur bedienen, sondern auch vermindern kann. Eine wesentliche Bedingung für den Erfolg ist, dass die EZB – was sie de facto bisher auch schon getan hat – mit der Wirtschaftspolitik des Ministerrats kooperiert. Diese Kooperation erfordert eine Erklärung, dass sie bereit ist, unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen. Wichtig ist, dass dieses Signal explizit und nicht mehr verschämt an die Märkte gegeben wird. Erst auf diese Weise erlangt die Erklärung der Regierungen Glaubwürdigkeit, keinen Mitgliedstaat Bankrott gehen zu lassen.

Auch die zu Recht umstrittene Erhöhung der Mittel durch Hebelung, die ein fortwährendes Austesten seitens der Märkte geradezu provoziert, ist dann überflüssig. Überflüssig würde auch das wegen unvermeidlicher Ansteckungseffekte äußerst gefährliche Instrument eines Schuldenschnitts. Denn als Zentralbank verfügt die EZB anders als alle anderen Akteure über unbegrenzte Mittel und ist damit ultimativ glaubwürdig. Es ist wie bei der Abschreckung im kalten Krieg: Man muss zeigen, dass man über wirksame Waffen verfügt, um sie nie benutzen zu müssen.

Ein solches Vorgehen ist möglich, ohne die Preisstabilität zu gefährden. Wie schon in den vergangenen Monaten kann die EZB die Liquidität, die sie durch die Käufe der Staatsanleihen in die Märkte pumpt, durch Verkäufe anderer Anleihen sterilisieren. Dies alles trägt aber nur zur kurzfristigen Stabilisierung bei. Zur langfristigen Perspektive gehört, dass sich alle Euroländer auf die Rückgewinnung langfristig tragfähiger öffentlicher Haushalte verpflichten. Ebenso wichtig ist es, eine glaubwürdige Perspektive zu geben, dass überschießende Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der Währungsunion abgebaut und in Zukunft vermieden werden. Das bedeutet, die Defizitländer müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, und die Überschussländer ihre Binnennachfrage fördern, also eine expansive Wirtschaftspolitik betreiben. Geschieht dies nicht, drohen Wiederholungen von Schuldenkrisen, an denen der Euroraum wahrscheinlich auf Dauer zerbrechen würde. Flankierend bedarf es einer Reregulierung der Finanzmärkte, damit die notwendige Liquidität nicht wieder in gefährliche Kanäle gelangt.

Gustav Horn leitet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung.

Gustav Horn

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