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Wirtschaft: Postbank-Börsengang „ein großes Pokerspiel“

Nervenkrieg zwischen Großanlegern und Deutscher Post: Fonds warten mit ihren Aufträgen offenbar bis zur letzten Sekunde

Berlin - Die Deutsche Post ist durch die Diskussion über den Börsengang ihrer Tochter Postbank offenbar stärker verunsichert als bisher zugegeben. Das Börsendebut kann noch platzen. Ein kleinerer Börsengang oder sogar eine Absage seien aber nur „eine theoretische Option“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Letztlich würden die Investoren entscheiden, ob der Börsengang zu einem Erfolg wird. Die halten sich aber mit Kaufaufträgen für die neue Postbank-Aktie zurück. Fondsmanager wollen zum größten Teil offenbar erst diesen Freitag entscheiden, ob sie schon zum Börsengang einsteigen. Konzernsprecher Martin Dopychai gab sich gelassen: „Das ist alles Teil eines großen Pokerspiels.“

Seit Montag vergangener Woche können Kleinanleger und professionelle Investoren wie Fondsgesellschaften Postbankaktien zeichnen (siehe Kasten). Diesen Freitag läuft die Zeichnungsfrist ab. Es gilt eine Preisspanne von 31,50 Euro bis 36,50 Euro. Am Sonntag wird der tatsächliche Emissionspreis bekanntgegeben, 82 Millionen Aktien der Bank kommen dann am Montag auf den Markt. Eine Verlängerung der Zeichnungsfrist oder auch eine Absenkung der Preisspanne schloss ein Postbanksprecher am Donnerstag aus.

Der Börsengang der Postbank ist die größte Börseneinführung in Deutschland seit Jahren und soll den Markt für Neuemissionen beleben. Die bislang schleppende Nachfrage liegt nicht daran, dass es Zweifel an dem Unternehmen gibt, sondern vor allem an den Preisvorstellungen der Deutschen Post. Ein Sprecher von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, sagte dem Tagesspiegel, die Postbank sei ein gutes Unternehmen mit einem guten Management. Das Institut sei auch „hinreichend groß für die Börse“. Allerdings müsse man sich fragen, was der angemessene Preis ist. Angesichts der Profitabilität der Bank seien eher 28 bis 29 Euro angebracht. „Wir zeichnen nur zu einem angemessenen Preis“, sagte der Union-Investment-Sprecher.

Andere große deutsche Fondsgesellschaften halten sich mit öffentlichen Äußerungen zurück. Doch auch hier ist zu hören: „Ab 31,50 Euro und aufwärts ist uns der Preis einfach zu hoch.“ Oder: „Ich kann mir vorstellen, dass wir nicht ordern werden.“ Bloß die endgültige Entscheidung schieben die Gesellschaften auf: „Bis Freitagabend kann viel passieren.“ Eine Absage des Börsengangs gilt daher in Fondskreisen als nicht unwahrscheinlich. „Es kann alles sein, entschieden wird wahrscheinlich erst in der letzten Sekunde“, sagte ein Fondsexperte dem Tagesspiegel. Die Chancen für eine Durchführung nach Plan stünden bei 60 Prozent.

Aber nicht nur die Fondsgesellschaften sind skeptisch. Auch die Mitarbeiter der Post und der Postbank hielten sich mit Orders offenbar zurück – Privatanleger ebenfalls. „Bei Kleinanlegern sehen wir nur ein verhaltenes Interesse“, sagte Michael Risch, Wertpapierspezialist der Commerzbank in Berlin. Außerdem gehe er auch nicht verstärkt auf Kunden zu, um ihnen die Postbank-Aktie zu empfehlen. „Wir halten den Preis für sehr ambitioniert. Wir können uns gut vorstellen, dass man das Papier später billiger über die Börse einkaufen kann.“ Die Postbank wollte sich zur Zahl der bisher eingegangenen Orders nicht äußern. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir keine Wasserstandsmeldungen geben“, sagte ein Sprecher der Bank. Ihm zufolge ist es „normal“, dass große institutionelle Anleger erst kurz vor Ablauf der Zeichnungsfrist ihre Kaufaufträge abgeben.

Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte auf Anfrage: „Ich hoffe, dass der Börsengang über die Bühne geht. Für den Finanzstandort Deutschland wäre das wichtig.“ Das Gezerre um die Postbank sei einzigartig, „wobei die Post ihre Konsortialbanken offenbar nicht im Griff hat“. Zuerst gab es Spekulationen, die Postbank könne von der Deutschen Bank – die die Postbank mit an die Börse bringt – übernommen werden. Dann mischte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ein, der den deutschen Banken Fusionen empfahl. Dies wurde allgemein auch als Aufforderung an Postbank und Deutsche Bank verstanden. Und seit Beginn der Zeichnungfrist reißt die Kritik am geforderten Preis nicht ab – und auch daran beteiligten sich die Konsortialbanken. DSW-Sprecher Kurz: „Alle sind froh, wenn es am Freitag vorbei ist – und die Postbank am Montag hoffentlich an der Börse.“

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