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Wirtschaft: Postreform: Europäer sind uneins (Interview)

Markus Ferber, (CSU), ist seit 1994 Mitglied im Europaparlament. Dort ist er Vorsitzender der CSU-Europagruppe und als Berichterstatter des Parlaments mit der Postreform befasst.

Markus Ferber, (CSU), ist seit 1994 Mitglied im Europaparlament. Dort ist er Vorsitzender der CSU-Europagruppe und als Berichterstatter des Parlaments mit der Postreform befasst.

Herr Ferber, an den Börsengang der Deutschen Post AG im Herbst denken die meisten in Deutschland, wenn von der Postreform die Rede ist. Wie sehen Sie den Stand der Vorbereitungen auch von Seiten der EU-Kommission?

Gegen die Post wird zurzeit in drei Verfahren ermittelt. Eigentlich sollten diese schon entschieden sein. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti hat mir persönlich im Frühjahr und noch vor einem Monat versichert, dass man vor der Sommerpause wenigstens bei dem großen Verfahren zu einem Ergebnis kommt. Jetzt haben wir die Pause, aber kein Ergebnis. Dabei ist das Jahr 2000 als Zeitpunkt des Börsengangs bereits lange bekannt.

Das größere Verfahren ist doch schon vor Jahren vom amerikanischen Paketversender UPS gegen die Deutsche Post angestrengt worden.

Ja, dabei geht es darum, ob die Post ihren dem Wettbewerb ausgesetzten Paketdienst aus Monopolgewinnen des Briefbereichs subventioniert hat. UPS spricht von einer Schadenssumme bis zu 20 Milliarden Mark.

Was heißt das für den Börsengang der Deutschen Post?

Der Termin im Herbst ist durch die Verschleppung des Verfahrens massiv gefährdet. Die 20 Milliarden sind sicherlich viel zu hoch gegriffen. Eine mögliche Strafe könnte bis zu einer Milliarde Mark betragen. Bloß hätten wir gerne von der Kommission gewusst, welche Vorstellungen sie diesbezüglich hat. Sie können nicht in ein Börsenprospekt schreiben, dass ein Verfahren mit einer möglichen Belastung in Milliardenhöhe anhängig ist.

Die Liberalisierung des europäischen Postmarktes soll nach dem Willen der Kommission weitergeführt werden. Welche Widerstände gibt es?

Frankreich hat starke Vorbehalte gegen eine weitere Liberalisierung, wie sie Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein in seiner Empfehlung vom Mai anstrebt. Bisher haben die staatlichen Postbetriebe in Europa ein Monopol auf Briefsendungen bis 350 Gramm. Bolkestein will diese Grenze auf 50 Gramm absenken. Frankreich geht das viel zu weit.

Nun haben die Franzosen seit Juli die Präsidentschaft in der EU inne.

Deswegen ist es mein Bestreben, die erste Lesung der Liberalisierungsvorlage im Europäischen Parlament erst im Dezember durchzuführen. Ich setze große Hoffnungen auf die schwedische Präsidentschaft im kommenden Jahr.

Schweden hat bereits seinen Postmarkt vollständig liberalisiert, während Frankreich noch nicht einmal die 1998 verabschiedete erste Liberalisierungsstufe wirklich umgesetzt hat. Wer sind denn die weiteren Gegner oder Unterstützer?

Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande sind die großen Liberalisierungsbefürworter, haben aber nicht die Mehrheit. Im übrigen hört bei den meisten Mitgliedern der Europa-Gedanke bei der Postreform auf. Im Europaparlament geht die Trennlinie je nach Nationalität durch alle Fraktionen.

Welche Länder könnten noch gewonnen werden?

Ich sehe gute Chancen, Spanien und Großbritannien aus der Ablehnungsfront herauszubrechen. Ebenfalls interessant könnten die Italiener sein. Unter der Regierung von Romano Prodi wurde darüber nachgedacht, die Staatspost aufzugeben. Bei den Briten sind allerdings die Wahlen zum Unterhaus im kommenden Jahr abzuwarten. Tony Blair wird sich vorher mit der Postreform nicht noch ein weiteres Problem schaffen wollen.

Das hört sich nach langwierigen Verhandlungen an.

Sicher. Die Vorlage zur zweiten Stufe der Postreform, die Bolkestein gerade vorgelegt hat, sollte eigentlich bereits Ende 1998 kommen. Die Lebenserfahrung zeigt: Eineinhalb Jahre Verzögerung sind normal.

Die Überprüfung der zweiten Stufe soll 2004 erfolgen, eine dritte Stufe 2007 in Kraft treten. Ist der Fahrplan überhaupt haltbar?

Nein, denn 2004 sind Wahlen zum Europaparlament. Außerdem geht ebenfalls die Dienstzeit der Kommission zu Ende. Das wird sich alles nach hinten verlängern.

Sie sind - wie Bolkestein - ein Befürworter einer kompletten Liberalisierung des Postmarktes. Sehen Sie da keine Gefahren?

Ich muss mir vorstellen, was passiert, wenn ich nichts tue. Duch die Liberalisierung wird es eine bessere Qualität, günstigere Preise und trotzdem eine flächendeckende Versorgung geben. Letzteres kann durch Auflagen sichergestellt werden. Ein positives Beispiel ist da Schweden.

Und wie sieht es mit den Beschäftigten aus?

Durch Konkurrenz werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Rationalisieren wird die Deutsche Post zum Beispiel in jedem Fall. Ohne Liberalisierung gäbe es dann keine Beschäftigungsalternativen.

Herr Ferber[an den Börsengang der Deutschen]

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