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Wirtschaft: Prämien für den Abriss

Der Staat fördert Wohnungsbaugesellschaften, die in Ostdeutschland leer stehende Wohnungen vom Markt nehmen

Berlin. Das Programm „Stadtumbau Ost“ der Bundesregierung reicht nach Ansicht der Bau- und Wohnungswirtschaft nicht aus, um den Wohnungsleerstand in Ostdeutschland zu beheben. „Das Programm ist stark unterfinanziert“, sagt Axel Wunschel, Geschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin/Brandenburg. Der Deutsche Städtetag kritisiert, dass das Programm ein Jahr nach seinem Start nur sehr langsam in Gang komme. „In vielen Städten dauert es zu lange, bis ein städtebauliches Konzept fertig ist“, sagt Folkert Kiepe, Baudezernent beim Städtetag. Vorher könne kein Geld für Abriss- oder Baumaßnahmen fließen.

Mit dem Programm „Stadtumbau Ost“ versucht die Bundesregierung, die verfehlte Subventionspolitik der 90er Jahre in Ostdeutschland zu korrigieren. Damals förderte der Staat mit der „Sonderabschreibung Ost“ Baumaßnahmen in den Neuen Ländern. Das Ergebnis: Wohnungen wurden am Bedarf vorbei gebaut, häufig auf der Grünen Wiese. Heute stehen mehr als eine Million Wohnungen in Ostdeutschland leer, das entspricht 13 Prozent des Wohnungsbestandes. Die Innenstädte von Görlitz oder Halle veröden, weil es billigeren Wohnraum außerhalb der Citys gibt. Das Programm Stadtumbau Ost soll dazu beitragen, die Innenstädte wieder zu beleben: Die Wohnungsbaugesellschaften erhalten einerseits Prämien für den Abriss leer stehender Gebäude, andererseits wird die Aufwertung erhaltenswerter Quartiere gefördert. Das Programm stellt bis 2009 rund 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung.

Wichtigstes Ziel ist der Abriss leer stehender Gebäude. „Der Leerstand bringt die Wohnungsbaugesellschaften in finanzielle Bedrängnis und setzt häufig eine soziale Spirale nach unten in Gang, weil wohlhabende Familien wegziehen“, sagt Michael Neitzel, Geschäftsführer des Instituts für Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft. Das Problem: Der Abriss kostet viel Geld. Entschließt sich eine Wohnungsbaugesellschaft dazu, profitiert aber auch die Konkurrenz, weil der Leerstand in einem Quartier sinkt und sich die Mieten stabilisieren. „Daher belauern sich die Gesellschaften und warten, wer den ersten Schritt macht“, sagt Neitzel. Derweil spitze sich die Lage weiter zu. Experten halten die Abrissprämien daher für sinnvoll. „Viele Wohnungsbaugesellschaften im Osten können sich den Abriss gar nicht leisten“, sagt Heinrich Mäding, Chef des Deutschen Instituts für Urbanistik. „Eine zeitlich befristete Förderung kann da helfen.“

Subventionsland Deutschland – in dieser Serie berichtet der Tagesspiegel über die milliardenschweren finanziellen Wohltaten des Staates für Bürger und Wirtschaft. Morgen: Pflege internationaler Wirtschaftskontakte

Maurice Shahd

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