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Wirtschaft: Private Investoren sollen Afrika helfen

Merkel setzt vor G-8-Gipfel auf die Wirtschaft / Entwicklungshelfer kritisieren „Blickverengung“

Berlin - Die Bundesregierung will zwar ihre Entwicklungshilfe für Afrika aufstocken – aber der G-8-Gipfel in Heiligendamm soll auch ein anderes Signal aussenden: Nur mit privatem Kapital und guter Regierungsführung könne Afrika nach vorne kommen, wird in Regierungskreisen in Berlin betont. Deshalb soll auf dem Weltwirtschaftsgipfel Anfang Juni beschlossen werden, dass die G-8-Staaten ihre bilaterale Hilfe möglichst an die Kriterien politischer und wirtschaftlicher Reformen in den afrikanischen Ländern knüpfen sollen.

Demonstrativ traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag im Kanzleramt mit Vertretern der deutschen Wirtschaft. „Wer Afrika heute als Investitionsstandort akzeptiert, wird morgen die Früchte ernten“, sagte sie anschließend. An dem Treffen im Kanzleramt nahm neben einem Dutzend deutscher Vorstandschefs auch der frühere Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp teil, der Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Safri für das südliche Afrika ist. Merkel will im Herbst mit einer größeren Wirtschaftsdelegation nach Afrika reisen. Die Wirtschaftsverbände der G-8-Staaten lassen derzeit von der Unternehmensberatung Deloitte eine Studie über die Investitionsbedingungen in Afrika erarbeiten.

„Der Schlüssel zu Afrikas Entwicklung ist ein Wirtschaftswachstum, von dem auch die Armen profitieren“, erklärte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am Montag beim Weltbankforum in Berlin. Sie wies darauf hin, dass Afrika seit Jahren eine beispiellose Wachstumsphase erlebe. Vergangene Woche hatte auch die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) dem Kontinent insgesamt anhaltend starkes Wirtschaftswachstum und größere politische Stabilität bescheinigt.

Die deutsche G-8-Präsidentschaft setzt sich mit der Betonung privatwirtschaftlichen Engagements vom britischen Vorsitz ab, der 2005 auch Afrika zum Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht hatte. Während der britische Premier Tony Blair damals vor allem Hilfszusagen einsammelte, betont die Bundesregierung die afrikanische Selbstverantwortung. Vor allem jene Länder sollten durch bilaterale Hilfe belohnt werden, die politische und wirtschaftliche Reformen angehen. Umstritten ist, ob damit auch Hilfekürzungen für reformunwillige Regierungen verbunden sein sollten.

Mit diesem Ansatz wollen die G-8-Staaten nicht nur die Konsequenzen daraus ziehen, dass Afrika anders als Asien und trotz westlicher Hilfe in den vergangenen Jahren keinen Wirtschaftsboom erlebt hat. Zugleich wollen die westlichen Industriestaaten und Russland den wachsenden chinesischen Einfluss in Afrika ausgleichen. Bereits die G-8-Finanzminister hatten am Wochenende vor einer unverantwortlichen Kreditvergabe an die Entwicklungsländer gewarnt. Um sich Rohstoffe zu sichern und Märkte für eigene Produkte zu erobern, bietet etwa China unkonditionierte Kredite an und unterläuft damit aus Sicht der G 8 das Bemühen um politische Reformen.

Die Deutsche Welthungerhilfe warnte am Montag vor einer „Blickverengung der G-8-Präsidentschaft auf rein privatwirtschaftliche Perspektiven“. Sprecherin Marion Aberle betonte gegenüber dem Tagesspiegel, beim Eintreten für bessere Investitionsbedingungen dürfe nicht vergessen werden, dass große Teile Afrikas weiter massiv entwicklungshilfebedürftig seien. „Allein durch Investoren wird sich daran nichts ändern“, sagte Aberle.

Nach Angaben deutscher Wirtschaftsverbände bremsen vor allem Rechtsunsicherheit, Korruption, fehlende Infrastruktur und mangelnde Ausbildung der Bevölkerung ein stärkeres Engagement deutscher Firmen. Bei dem Gespräch zwischen Kanzlerin und Firmenchefs wurde deshalb verabredet, dass verstärkte Investitionen in das Bildungssystem geprüft werden und die Zahl afrikanischer Studenten an deutschen Hochschulen erhöht werden soll. Der Bundesverband der deutschen Industrie fordert zudem die politische Begleitung und öffentliche Mitfinanzierung großer Infrastrukturprojekte in Afrika.mit HB

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