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Wirtschaft: Private Krankenkassen bieten neue Tarifmodelle

Reaktion auf die Reformen im Gesundheitswesen / Versicherer werben für den „dritten Weg“

Berlin – Die privaten Krankenversicherer sehen gute Chancen, die Reform des Gesundheitswesens unbeschadet überstehen zu können. „Die Politik fängt an, sich ernsthaft mit unseren Vorschlägen auseinander zu setzen“, sagte Reinhold Schulte, Vorsitzender des Verbands der privaten Krankenversicherer (PKV), dem Tagesspiegel.

Die privaten Versicherer wollen mit einem neuen Basistarif und verbesserten Wechselmöglichkeiten für Neukunden innerhalb der PKV die Diskussion über eine Reform des Gesundheitswesens in eine PKV-freundliche Richtung lenken. Während die Politik anfangs auf den „dritten Weg“ eher zurückhaltend reagiert hatte, drehe sich jetzt der Wind, so Schulte. Die Branche spreche regelmäßig mit Vertretern der Bundesregierung und der Opposition.

Schulte, der auch Vorstandsvorsitzender der Signal-Iduna-Versicherung ist, zeigte sich zuversichtlich, dass die private Krankenversicherung die politischen Diskussionen um die Reform des Gesundheitswesens überleben wird. „Es wird auch nach der nächsten Bundestagswahl eine private Vollversicherung geben“, betonte Schulte.

SPD und Grüne wollen 2006 eine Bürgerversicherung einführen, bei der alle Bürger gesetzlich krankenversichert werden. Die privaten Versicherer müssten dann zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) arbeiten. Das wäre das Ende der PKV in ihrer jetzigen Form. Aber auch die von der Union favorisierte Kopfpauschale, bei der für jeden Versicherten ein fester Pauschalbeitrag an die Krankenkasse abgeführt werden soll, lehnt Schulte ab: „Beide Modelle lösen die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen nicht.“ Dazu gehöre, dass die Versicherten immer älter werden. Da Rentner nur 41 Prozent ihrer Krankheitskosten selbst aufbringen, mussten die Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung die Rentner im vergangenen Jahr mit 35,7 Milliarden Euro subventionieren. „Wenn man die zehn Prozent, die derzeit privat versichert sind und selbst Vorsorge treiben, in die gesetzlichen Kassen treibt, ändert das nichts an den grundsätzlichen Problemen“, sagte Schulte. Im Gegenteil: Die zehn Prozent Privatpatienten würden jedes Jahr sechs Milliarden Euro mehr in das Gesundheitswesen einzahlen als ihrem Anteil entspräche.

Die privaten Versicherer werben bei der Politik daher derzeit für ihren „dritten Weg“. Sie bieten die Einführung eines neuen Basistarifs an, der im wesentlichen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten soll. Diesen neuen Tarif sollen alle bislang freiwillig in der GKV Versicherten mit einem Einkommen über 3862 Euro im Monat abschließen können – ohne die ansonsten obligatorische Gesundheitsprüfung.

Vorgesehen ist weiterhin, dass auf Seiten der Versicherer ein Annahmezwang für die Kunden bestehen soll. Neukunden, die den Basisschutz wählen, sollen innerhalb der privaten Versicherungen den Anbieter wechseln können. Bislang geht das nicht, da die Versicherten ihre Alterungsrückstellungen von insgesamt 84 Milliarden Euro, mit denen sie sich gegen Beitragssteigerungen im Alter absichern, bei einem Wechsel der Versicherungsgesellschaft nicht mitnehmen können.

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