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Ein Wechsel der Krankenversicherung kann sich lohnen.

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Private Krankenversicherungen: Beiträge, die krank machen

Viele verzweifeln daran, dass ihre private Krankenversicherung immer teurer wird. Doch das muss nicht sein: Es gibt diverse Möglichkeiten, seine Beiträge zu senken

Rolf Reimers* ist seit 30 Jahren privat krankenversichert. In der ersten Zeit war der Berliner Ingenieur mit den Leistungen seiner Versicherungsgesellschaft sehr zufrieden. Doch das änderte sich: Jahr für Jahr erhöhte die DKV die Beiträge, zuletzt musste der 61-Jährige fast 775 Euro im Monat berappen. „Ich gehe in vier Jahren in Rente, spätestens dann muss ich sehen, wo mein Geld bleibt“, sagt Reimers. Er stöberte im Internet und stieß auf die Seite www.widge.de. Dieses Portal, gegründet 2010, wird von Versicherungsexperten betrieben, die unzufriedenen Kunden helfen, in einen günstigeren Tarif ihrer Privatkrankenversicherung (PKV) zu wechseln. Für Reimers fanden sie einen Tarif, der ihn monatlich nur 365 Euro kostet – bei etwa gleichbleibenden Leistungen. Ersparnis: 408 Euro im Monat.

In diesem Jahr fallen die Beitragsanpassungen moderat aus

Wie dem Berliner Ingenieur geht es vielen der rund neun Millionen Privatkrankenversicherten in Deutschland: Alle Jahre flattern ihnen Schreiben ihrer Versicherungsgesellschaften ins Haus, in denen eine PKV-Beitragserhöhung angekündigt wird. Senkungen des Beitrags sind die Ausnahme. Mit vereinzelten Treueboni und höheren Selbstbeteiligungen versuchen die Konzerne den Eindruck zu vermitteln, dass sich der Versicherungsschutz nicht verteuert.

2013 betrugen die Beitragsanhebungen in einzelnen Tarifen bis zu 25 Prozent, 2012 sogar bis über 50 Prozent. In diesem Jahr fallen die Beitragsanpassungen der meisten Gesellschaften mit Raten im kleinen einstelligen Prozentbereich relativ moderat aus. Die seit zwei Jahren geltenden Unisex-Tarife sind weniger betroffen als die alten Bisex-Tarife, in denen allerdings die meisten Privatversicherten versichert sind. Außerdem steigt der Beitrag zur Pflegeversicherung ab 1. Januar 2015 um 0,3 Prozent.

Ältere sind am stärksten betroffen

Für ihre Beitragsanhebungen nennen die PKV-Konzerne von Allianz über Axa, Barmenia, Debeka und HUK Coburg bis Signal und Württembergische vor allem zwei Gründe: gestiegene Arznei- und Krankenhauskosten sowie die anhaltende Niedrigzinsphase, die zu schrumpfenden Altersrückstellungen der Versicherten führt. Am härtesten trifft die steigende Beitragsspirale ältere Kunden, die nach zwei oder drei Jahrzehnten in der PKV nicht selten 600, 700 oder 800 Euro monatlich überweisen müssen. Viele können das kaum noch stemmen. Axel Kleinlein, Vorstandschef des Bundes der Versicherten, sind Fälle bekannt, in denen Beiträge sich schon innerhalb von sechs Jahren verdoppelt haben: „Viele Versicherte sind verzweifelt, sagen uns: Das kann doch nicht sein.“ Was tun?

Krankheit führt zu Aufschlägen

Es gibt fünf Ausweichmöglichkeiten: Der erste Gedanke ist oft der an einen Wechsel zu einem anderen Anbieter. Das aber lohnt sich höchstens für kerngesunde Kunden, die erst wenige Jahre versichert sind, denn zwischenzeitlich aufgetretene Krankheiten führen zu Risikoaufschlägen oder Leistungsausschlüssen. Bei diesem Schritt verfallen bereits angesparte Altersrückstellungen.

Zu spät für die Gesetzliche

Ein zweiter Weg ist der in die gesetzliche Krankenversicherung. Begehbar ist er jedoch nur für Versicherte, die nicht älter als 55 Jahre sind und ein Einkommen haben, das mindestens in einem Jahr unter der Versicherungspflichtgrenze (2014: 53 550 Euro, 2015: 54 900 Euro) liegt.

Angestellt oder selbstständig?

Die dritte Alternative ist die Erhöhung des Selbstbehalts. Für Selbstständige in der PKV kann das sinnvoll sein, für Angestellte ist es meist ein Minusgeschäft, weil ihr Arbeitgeber zwar die Hälfte des Krankenversicherungsbeitrags übernimmt, nicht aber 50 Prozent des Selbstbehalts. Diesen Schritt sollte überhaupt nur wählen, wer finanziell in der Lage ist, den vollen Selbstbehalt im Ernstfall tatsächlich zahlen zu können. Tipp: Chancen und Risiken gut abwägen! Gleiches gilt für die Alternative, eine Senkung der Leistungen zu vereinbaren. Zwar lassen sich beispielsweise durch den Verzicht auf ein Ein-Bett-Zimmer im Krankenhaus bis zu 30 Euro monatlich sparen, doch eine spätere Eigenzahlung solcher Leistungen kann teuer kommen.

Recht auf Tarifwechsel

Zu guter Letzt haben Versicherte das Recht (Paragraf 204 Versicherungsvertragsgesetz), in einen gleichartigen, aber günstigeren Tarif des eigenen Anbieters zu wechseln. Einen solchen Tarif bringt fast jeder Konzern immer mal wieder auf den Markt, um Neukunden anzulocken. Denen verspricht man exzellente Leistungen für kleines Geld. Größter Vorteil eines solchen Wechsels: Die angesparten Altersrückstellungen bleiben dem Versicherten vollständig erhalten. Verbraucherschützer empfehlen häufig diesen Weg. Die Hamburger Verbraucherzentrale etwa rät auf ihrer Homepage bei drastischen PKV-Preiserhöhungen: „Beste Lösung: Tarifwechsel“.

Ozan Sözeri, Gründer von Widge.de, sagt: „Im Schnitt sparen Versicherte mit Verträgen, die älter als sieben Jahre sind, in neuen Tarifen mit günstigeren Prämien, aber gleichem Leistungsniveau rund 40 Prozent.“ Nach eigenen Angaben hat sein Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren rund 14 000 Kunden bei einem Tarifwechsel geholfen. Nötig ist Unterstützung, weil viele Konzerne wechselwilligen Kunden immer wieder Knüppel zwischen die Beine werfen. Neben Widge.de gibt es bundesweit etwa eine Handvoll größerer und einige hundert kleinerer, meist Ein- Mann-Dienstleister, die Privatkrankenversicherten gegen Erfolgshonorar beim Tarifwechsel helfen. Wichtig: Wer wechseln möchte, sollte die Leistungen und die Beitragsentwicklung der Tarife sorgfältig vergleichen. Sözeri sagt: „Eine gute medizinische Versorgung ist wichtig. Nur um schnell Geld zu sparen, sollte man keine wichtigen Leistungen streichen.“

* Name geändert

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