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Privatisierung der Bahn: Mehdorn bekommt Hilfe

Die Privatisierung der Bahn steht auf der Kippe. Der DGB nennt das Volksaktien-Modell der SPD absurd. Ungeahnte Hilfe bekommt der Bahn-Chef von seinem Vorgänger Ludewig. Für Mehdorn ist die Frage eine existenzielle.

Berlin - Der ehemalige Bahn-Chef Johannes Ludewig hat dazu aufgerufen, die Privatisierung der Deutschen Bahn nicht scheitern zu lassen. „Sie können ein Unternehmen mit mehr als 200 000 Leuten nicht über Jahre auf ein Ziel ausrichten und dann plötzlich sagen ,April, April, jetzt machen wir etwas ganz anderes’“, sagte er dem Tagesspiegel mit Blick auf die Bedenken der SPD.

Ludewig warnte vor negativen Folgen der Diskussion für das Unternehmen. „Es wäre jammerschade, wenn wir die erfolgreiche Bahn beschädigen würden, das würde jenseits der deutschen Grenzen kein Mensch verstehen“, sagte der CDU- Politiker. „Wenn man das Projekt jetzt abbläst oder in eine falsche Richtung lenkt, bleibt das nicht ohne Folgen.“

Die SPD will auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg einen Antrag beschließen, wonach Bahn-Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden sollen, um unliebsame Investoren abzuwehren. Möglich ist aber auch, dass eine Mehrheit der Delegierten die Privatisierung ganz ablehnt. Dafür wirbt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Es ist doch absurd: Jetzt sollen die Bürgerinnen und Bürger Anteile an der Bahn kaufen, obwohl sie ihnen schon zu 100 Prozent gehört“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki am Freitag. Das Grundproblem seien die Renditeziele der Anleger.

Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) rechnet dagegen damit, dass seine Partei die Volksaktie beschließt. Das Modell wurde maßgeblich von ihm mitentwickelt. Die Volksaktie müsse auf jeden Fall in das geplante Privatisierungsgesetz aufgenommen werden, sagte Sarrazin dem Tagesspiegel. Überhaupt erwarte er noch einige Änderungen an dem Gesetz – etwa in Bezug auf das Schienennetz.

Ludewig, Vorstandschef der Bahn zwischen 1997 und 1999 und heute Präsident des europäischen Bahnverbands CER in Brüssel, stellte sich hinter den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). „Die Befürchtung, dass die Bahn morgen eine ganz andere ist, kann ich nicht nachvollziehen.“ Er verstehe die Debatte um die Privatisierung „nur sehr bedingt“. Da die Mehrheit der Anteile bei der öffentlichen Hand bleibe, sei das Risiko „eigentlich null. Der Schritt bleibt kalkulierbar, weil der Bund genügend Zugriffsrechte auf die Bahn hat.“ Überfrachte man die Privatisierung nun mit Regulierung oder mit „der Frage, ob man Volks- oder Namensaktien ausgibt, gerät das ganze Projekt in Gefahr“.

Ludewig mahnte, den eigentlichen Sinn des Bahn-Verkaufs nicht aus den Augen zu verlieren. „Wenn die Bahn ihr Geschäft weiter entwickeln will und mehr leisten soll, braucht sie mehr Eigenkapital.“ Vom Staat komme das nicht, also müssten private Investoren einspringen. Ihn erfülle mit Sorge, dass dieser Grundgedanke mit vielen anderen Anforderungen überfrachtet werde. Je mehr Konditionen an die Privatisierung geknüpft würden, desto schwieriger werde es, überhaupt Kapital zu mobilisieren.

Aus Ludewigs Sicht steht die Bahn in Europa an der Spitze. „Das war vor 15 Jahren noch nicht so.“ Im Güterverkehr etwa sei die Bahn größer als die beiden Nächstplatzierten, die französische und die polnische Bahn zusammen. Der Wettbewerb sei in keinem Land intensiver. Carsten Brönstrup/Bernd Hops

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