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Große Auswahl. Wer über den Tellerrand der deutschen Börse in Frankfurt hinausschaut findet in Europa 3000 Nebenwerte. Foto: dpa

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Wirtschaft: Profiteure der Globalisierung

Anleger entdecken den deutschen Mittelstand – M-Dax auf Rekordhoch.

Die Kleinen schlagen die Großen: Während der Deutsche Aktienindex (Dax) – Spiegel der großen Börsenwerte in Deutschland – in den vergangenen zehn Jahren um 128 Prozent stieg, schaffte sein kleines Pendant M-Dax rund 270 Prozent. Auch im Verlauf der vergangenen fünf und drei Jahre sowie im laufenden Jahr haben sich die 50 kleineren Börsenwerte besser entwickelt als die 30 größten. Vergangene Woche schwang sich der M-Dax, der Aktienindex für den deutschen Mittelstand, auf eine neues Allzeithoch. Während der Dax noch rund 1000 Punkte von seinem Spitzenwert entfernt ist, übertrumpfte der M-Dax mit 11 579 Punkten sein altes Hoch aus dem Jahr 2007.

Sollten Anleger also auf XS statt auf XL setzen? Nicht ganz. Wer einen Blick auf die Einzelwert- Liste wirft, erkennt rasch, dass Licht und Schatten bei den Nebenwerten im M- Dax („Mid Caps“) nahe beieinander liegen. So bescherte zum Beispiel der Anlagen- und Maschinenbauer Dürr seinen Aktionären auf Jahressicht eine glatte Kursverdoppelung. Auch der Augsburger Roboterhersteller Kuka, der Modekonzern Gerry Weber, die Tui und die Immobilienunternehmen Gagfah, TAG Immobilien oder GSW stiegen um 40 bis 80 Prozent seit Oktober 2011. Umgekehrt hätte aber ein Anleger auch mit fast jeder dritten M-Dax-Aktie Verluste erzielt: Der Baukonzern Hochtief, das Stahlunternehmen Klöckner, die Metro, Wacker Chemie oder SGL Carbon brachen in den vergangenen zwölf Monaten um 25 bis 42 Prozent ein.

Auch der S-Dax für die 50 noch kleineren deutschen Firmen („Small Caps“) zeigt, dass Anleger nicht wahllos nach Börsenzwergen greifen sollten. Mit einer Jahresperformance von 12,5 Prozent bleibt der S-Dax insgesamt weit hinter den großen Werten zurück. Das Allzeithoch von 2007 liegt im Abstand von rund 1500 Punkten noch in weiter Ferne.

Nicht wenige Analysten sehen in Mid Caps dennoch weiter ein lohnendes Anlageobjekt. „Seit sich entsprechende Indizes vergleichen lassen, haben europäische Nebenwerte in puncto Wertentwicklung die Standardwerte hinter sich gelassen“, sagt Lorenzo Carcano, Experte für Mid und Small Caps beim Bankhaus Metzler. Dies sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Nebenwerte häufig mit stärkerem Gewinn- und Umsatzwachstum glänzten als die großen Blue Chips. „Das Allzeithoch im M-Dax bildet klar ab, dass eben auch die Gewinne auf einem historischen Hoch angelangt sind“, bestätigt Frank Hansen, Leiter des Nebenwerte-Teams bei Allianz Global Investors. Gerade im M-Dax seien die Profiteure der Globalisierung vertreten, darunter einige Unternehmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer sind – etwa der Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub.

75 Prozent der M-Dax-Unternehmen leben vorrangig oder zu einem großen Teil vom Export, sind auch stark in boomenden Schwellenländern aktiv, während im Dax 50 Prozent ihr Geld nur oder zu einem sehr großen Teil in Deutschland verdienen. Gleichzeitig finden sich in den Nebenwerte-Indizes mit Maschinenbauern, Medien, Immobilienunternehmen und Modefirmen andere Branchen als im Dax, der stark von Banken, Versorgern und Telekom dominiert ist – und damit anfälliger für politischen Einfluss und Regulierung ist.

Anleger in deutschen Nebenwerten profitierten gleichwohl auch davon, so Hansen, dass in der zweiten Reihe häufig auf einen Aufstieg in die erste Börsenliga spekuliert werde. Im September etwa sind die M-Dax-Werte Lanxess und Continental in den Leitindex aufgestiegen. Darüber hinaus erhalte der Anleger eine Risikoprämie dafür, dass kleinere Titel weniger liquide seien: Das Handelsvolumen ist geringer, die Preise sind größeren Schwankungen ausgesetzt, der Verkauf größerer Positionen ist manchmal schwieriger, vor allem im S-Dax.

Was in guten Zeiten die Kursentwicklung unterstützt, kann in konjunkturell schwierigen Phasen aber ein Klotz am Bein sein. Gerade in einer Baisse entwickeln M-Dax-Papiere häufig eine starke Abwärtsdynamik. Kleinere Werte würden dann als risikoreicher wahrgenommen und rascher verkauft. Die Entwicklung des M-Dax belegt dies: In der Baisse 2007 bis 2009 fiel der Index in der Spitze um 64 Prozent, der Dax jedoch nur um 55 Prozent. Dann holte der M-Dax das Minus jedoch viel rascher auf und legte seither 170 Prozent plus aufs Parkett.

Problematisch sind zudem die Klumpenrisiken, die sich im M-Dax ansammeln. So haben einzelne Firmen wie der Flugzeugbauer EADS, Kabel Deutschland oder der Chemiehändler Brenntag ein sehr hohes Gewicht, so dass sich auch Kursveränderungen dieser Aktien stärker auf den Index auswirken.

Nahezu alle Mid-Cap-Experten sehen für die kommenden Monate eine Fortsetzung der Nebenwerte-Hausse. Frank Hansen empfiehlt, den Blick auch auf den gesamten europäischen Markt zu richten. Weil in Europa selbst erfolgreiche Global Player im Zuge der Schuldenkrise abgestraft worden seien, habe sich „beispielsweise der spanische Markt zuletzt besser entwickelt als der chinesische oder indische“. Auch US-Mid-Caps seien teurer als europäische. Zudem bietet das Nebenwerte-Universum mehr Auswahl: 300 großen Standardwerten stehen in Europa 3000 Nebenwerte gegenüber.

Wer das Risiko eines Fehlgriffs reduzieren will, greift am besten zu Fonds. Die Performancelisten bei international agierenden Nebenwerte-Fonds führen in verschiedenen Zeiträumen der „Goldman Sachs Global Small Cap“ (Wertpapierkennnummer A0M9U5) und der „Axa Rosenberg Global Small Caps“ (692188) an, die auf Jahressicht 24 und 21 Prozent zulegen konnten. Für das deutsche und europäische Anlage-Universum erzielten die Fonds von Credit Suisse, Union Investment, UBS, Lupus Alpha, der Allianz und der DWS die besten Ergebnisse. So mehrte etwa der „Credit Suisse Equity Fund Small & Mid Cap“ (934095) das Geld der Anleger binnen drei Jahren um 44 Prozent, der „Allianz Nebenwerte Deutschland“ (848176) um 49 Prozent und der „DWS German Small/Mid Cap“ (515240) um 43 Prozent.

Allerdings schafften die aktiv gemanagten Fonds nicht die Wertentwicklung des passiven Exchange Traded Fund (ETF) „ishares M-Dax“ (593392) mit einem Dreijahresplus von 53 Prozent. Knapp heran kam nur der „Lupus Alpha Smaller German Champions“ (940640) mit einem Plus von 52 Prozent seit 2009. Der ishares-ETF wählt nicht gezielt Aktien aus, sondern bildet den M-Dax direkt ab. In Zeiten steigender Kurse sind ETF vor allem wegen ihrer sehr niedrigen Kosten meist erfolgreicher als normale Aktienfonds.

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