zum Hauptinhalt
Klassische Öl- und Gasförderung, wie hier in der Nordsee, ist nach Ansicht der IEA zu teuer. Daher rät die Organisation zum Fracking. Foto: picture-alliance/ dpa

© picture-alliance/ dpa

Prognose der Internationalen Energieagentur: USA hängen die Welt ab

Die Europäische Union und Japan sind die Verlierer der Umbrüche, die sich derzeit auf den internationalen Energiemärkten vollziehen. Davor sagt die Internationale Energieagentur IEA voraus - und rät zu einem unpopulären Gegenmittel.

Berlin - Die Europäische Union und Japan sind die Verlierer der Umbrüche, die sich derzeit auf den internationalen Energiemärkten vollziehen. Weil Energie in diesen Regionen schon jetzt vergleichsweise teurer ist und es kaum Aussicht gibt, dass sich das ändert, dürften energieintensive Industriezweige verstärkt in die Schwellenländer und die USA abwandern. Das wiederum hieße: Die EU und Japan werden ihre traditionelle Exportstärke nach und nach verlieren.

Die These ist zwar weder neu noch besonders originell: Gleichwohl stammt sie aus einem für Investoren sehr wichtigen Branchenbarometer, dem „World Energy Outlook“, einer jährlich aktualisierten Analyse der Internationalen Energieagentur IEA. Am Dienstag legte die Organisation, ein Ableger der OECD, ihren Bericht in London vor.

Demnach dürfte der Exportanteil der EU und Japans an Gütern, die mit hohem Energieaufwand hergestellt werden – etwa Stahl, Aluminium, Papier, Glas und chemische Erzeugnisse – bis zum Jahr 2035 insgesamt um ein Drittel zurückgehen. Europa, heute der mit 36 Prozent Weltmarktanteil mit Abstand größte Exporteur energieintensiver Güter, soll innerhalb von gut 20 Jahren zehn Prozentpunkte verlieren, lautet die IEA-Prognose. Japan (sieben Prozent Marktanteil) verliert etwa drei Punkte, also auch gut 30 Prozent.

Die IEA verweist auf aktuelle Marktdaten: So müssten Europäer für ihr Import-Erdgas schon heute etwa dreimal so viel zahlen wie Amerikaner für ihr heimisches Gas. Japaner sogar fünfmal so viel. Eine Folge: Europäische und japanische Verbraucher zahlen auch etwa doppelt so viel für Strom wie US-Kunden.

Als Grund für den Energiereichtum der USA gilt die dortige Schiefergasrevolution, die Industrielle in aller Welt ins Schwärmen bringt. Die größte Wirtschaftsmacht der Welt hatte schon in den 1970er-Jahren angesichts der vom Opec-Kartell ausgelösten Ölpreisschocks in die Erforschung alternativer Öl- und Gasfördertechnologien investiert, um heimische Ressourcen anzuzapfen. Umweltauflagen wurden gelockert, um die Anwendung des sogenannten Frackings zu ermöglichen. Heute stehen in vielen Landstrichen der USA diese neuen Förderanlagen. Schwellenländer wie Russland begeistern sich ebenfalls für die neuen Technologien.

Auch führende deutsche Industrievertreter sprechen sich für eine Erprobung der Fracking-Technologie hierzulande aus – am Wochenende etwa Kurt Bock, der Chef des größten deutschen Stromverbrauchers BASF. Doch diese Rufe scheinen zu verhallen: Zumindest die Arbeitsgruppe Umwelt von Union und SPD einigte sich in ihren Verhandlungen zum Koalitionsvertrag schnell auf ein Moratorium fürs Fracking und begründete dies mit dem Trinkwasserschutz. Umfragen belegen: Die Deutschen lehnen Fracking mehrheitlich ab.

Alles in allem stellt die IEA Deutschlands Energiepolitik ein schlechtes Zeugnis aus. Die Kosten dafür würden derzeit nur die Endverbraucher tragen, klagte IEA-Chefin Maria van der Hoeven am Rande der Präsentation in London. Der Ausbau der Stromnetze von der Küste in die Industriezentren des Südens gehe zu schleppend voran. Zudem importiere Deutschland viel Kohle für die Stromerzeugung, was Klimaziele gefährde. „Das ist wirklich ein Problem“, sagte van der Hoeven. Die neue Koalition werde darauf eine Antwort finden müssen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false