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ProSiebenSat.1-Übernahme: Sorge um Meinungsvielfalt

Die Übernahme der Sendergruppe ProSiebenSat.1 durch den Springer-Verlag stößt auch auf Kritik. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) nannte die Übernahme "verheerend für die Meinungsvielfalt in Deutschland".

München/Berlin/Bonn (05.08.2005, 14:50 Uhr) - Das Bundeskartellamt kündigte eine intensive Prüfung an, die mehrere Monate dauern könne. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte sich nicht äußern.

Eine Kartellamtssprecherin sagte in Bonn, die Übernahme sei der erste Fall einer so großen «cross-medialen Fusion», bei der Zeitungs- und Fernsehunternehmen zusammengeführt würden. Daher sei nicht damit zu rechnen, dass eine vierwöchige Vorprüfphase ausreiche. Voraussichtlich werde es danach zu einem Hauptprüfverfahren kommen, das drei Monate dauern könne. Die Anmeldung durch Springer werde in den nächsten Tagen erwartet.

Keine medienrechtlichen Bedenken haben die bayerischen Medienwächter. Die Grenzwerte nach dem Rundfunkstaatsvertrag würden bei weitem nicht erreicht, erklärte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM), Wolf-Dieter Ring, in München.

Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken appellierte an das Bundeskartellamt, der geplanten Übernahme nicht zuzustimmen. Durch die Fusion entstehe «ein Meinungsmonopol mit gewaltigem Einfluss auf die öffentliche Meinung». Die Folgen wären nach seiner Einschätzung ein bedenkliches Komplettangebot von Information und Meinung. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di forderte eine Begrenzung von Meinungsmacht. Dazu würden Regelungen der Konzentrationskontrolle für die gesamte Medienwirtschaft gebraucht.

Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) wollte sich zunächst nicht konkret äußern. Die von den Landesmedienanstalten eingesetzten Wächter überwachen das private Fernsehen auf eine mögliche marktbeherrschende Stellung. Sie müssen entscheiden, ob mit dem Zusammenschluss Springer und ProSiebenSat.1 gemeinsam eine «vorherrschende Meinungsmacht» erlangen. Wird dies bejaht, müsste die KEK den Deal verbieten, sagte ein Sprecher.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) erhofft sich von dem Zusammenschluss neue Arbeitsplätze und sprach von einer «klaren Stärkung des Medienstandorts Deutschland und Bayern». Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die Übernahme begrüßt. Medienunternehmen sollten nicht mehrheitlich in ausländischem Besitz sein, sagte ihr kultur- und medienpolitischer Sprecher Günter Nooke. Der Sitz des übernommenen TV-Konzerns sollte in die Hauptstadt verlegt werden. «Das wäre ein hervorragender Beitrag zur Stärkung des Medienstandorts Berlin», sagte Nooke. (tso)

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