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Protektionismus: Der amerikanische Traum

Nationale Interessen in einer globalen Krise: Auch deutsche Unternehmen wollen vom US-Konjunkturpaket profitieren. Vor allem Umwelttechnologie könnte zum Renner werden.

Berlin - Die deutsche Wirtschaft hofft, vom US-Konjunkturpaket profitieren zu können. „Vor allem für die deutsche Umwelttechnologie erwarten wir neue Möglichkeiten in den USA“, sagte Barbara Konner, Amerikaexpertin des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), dem Tagesspiegel. Auch Anton Börner, Präsident des Bundesverbands des Groß- und Außenhandels (BGA) sieht große Chancen bei den erneuerbaren Energien und in der Umwelttechnik. „Da sind wir weltweit führend, da kriegen wir auf jeden Fall etwas ab“, sagte Börner dem Tagesspiegel. Neue Aufträge könnten sich für deutsche Unternehmen auch in der Medizintechnik und anderen Hochtechnologiebranchen ergeben, meint Börner. Nach Tagesspiegel-Recherchen gehen auch deutsche Baufirmen und Baustofflieferanten davon aus, an den geplanten Milliardeninvestitionen in die US-Infrastruktur zu partizipieren.

Das Konjunkturpaket, auf das sich Senat und Repräsentantenhaus jetzt nach wochenlangen Verhandlungen geeinigt haben, hat ein Volumen von knapp 790 Milliarden Dollar. Es soll am heutigen Freitag verabschiedet und am Wochenende von US-Präsident Barack Obama unterzeichnet werden. Das Rettungspaket sieht Steuererleichterungen vor sowie Investitionen in die Infrastruktur von über 150 Milliarden Dollar. Damit will Obama die USA aus ihrer schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren holen.

Rückenwind bekommen die Deutschen dadurch, dass die umstrittene „Buy-American-Klausel“ in der aktuellen Fassung entschärft worden ist. Das Repräsentantenhaus hatte ursprünglich jegliche Hilfe an den Kauf von „in den USA produzierten Waren“ koppeln wollen. Nach internationalem Protest auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel heißt es jetzt stattdessen, die staatliche Auftragsvergabe müsse mit den Regeln der Welthandelsorganisation vereinbar sein. „Das ist zwar etwas unscharf formuliert“, sagt BGA-Chef Börner. Dennoch begrüßt er die Entschärfung. „Der Protektionismus kann nicht greifen, weil die USA mit all den gigantischen Konjunkturpaketen, die sie aufgelegt haben und noch auflegen werden, dringend auf ausländische Investoren angewiesen sind“, meint Börner. „Ich glaube nicht an einen transatlantischen Handelskrieg. Die Gefahr ist vom Tisch.“

Bereits heute sind die deutsche und die amerikanische Wirtschaft eng vernetzt, weiß DIHK-Expertin Konner. Jeder 50. Arbeitsplatz in Deutschland wird von einem US-Unternehmen geschaffen. Zudem sind die USA für Deutschland der wichtigste Handelspartner außerhalb der Europäischen Union.

Für viele deutsche Firmen ist der US-Markt schon heute unverzichtbar. „Die USA gehören zu unseren wichtigsten Märkten“, sagte ein Sprecher von Deutschlands größtem Baukonzern Hochtief. Mit seiner Tochter Turner ist der Essener Konzern in den USA die Nummer eins im Hochbau. Auch Heidelberg Cement sieht „sehr große Chancen in den USA“, berichtet Sprecherin Brigitte Fickel. Von den 300 Millionen Euro Umsatz, die der größte deutsche Baustofflieferant weltweit mit Sand und Kies macht, entfallen 45 Prozent auf Nordamerika. Beim Umsatz mit Asphalt ist es ein Drittel.

„Wir werden sicherlich profitieren“, heißt es auch beim Verband der Deutschen Bauindustrie. Die Branche kann eine zusätzliche Konjunkturhilfe gut gebrauchen. Denn obwohl auch die deutsche Regierung Milliarden in die Infrastruktur stecken will, rechnet die Bauindustrie für dieses Jahr mit einem realen Umsatzrückgang von zwei Prozent. Zwar würden Straßen gebaut, betonte ein Sprecher, aber dafür gebe es weniger gewerbliche und private Neubauten.

„Die deutschen Firmen können weiterhin in den USA selbstbewusst auftreten“, so Barbara Konner vom DIHK. „Die Unternehmen haben viel zu bieten“, meint auch Sigrid Zirbel, Direktorin für Nord- und Lateinamerika beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

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