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Wirtschaft: Protest gegen offene Manager-Gehälter

Unternehmen lehnen Transparenz-Gesetz ab/DGB verlangt Nachbesserung/FDP: Grundrechte werden verletzt

Berlin Gewerkschaften, Unternehmen und die Opposition haben das geplante Gesetz zur Offenlegung von Managergehältern kritisiert. Es soll an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden und die Vorstände börsennotierter Unternehmen zwingen, künftig sämtliche Bezüge individuell zu veröffentlichen. Betroffen davon wären rund 1000 deutsche Gesellschaften. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte Eckpunkte bereits im März präsentiert (siehe Kasten). Vergleichbare Gesetze gibt es bereits in den USA und Kanada, aber auch in Großbritannien, Frankreich und Italien.

Porsche und Daimler-Chrysler, die ihre Vorstandsgehälter bisher nicht individuell publizieren, nannten den Vorstoß der Regierung „nicht zielführend“. Daimler-Chrysler-Sprecher Thomas Fröhlich befürchtet, dass es nach der Veröffentlichung in Deutschland zu einer „Anpassung der Managergehälter nach oben“ kommt. Der Autokonzern hält es für ausreichend, die Bezüge seiner Vorstände in der Summe zu veröffentlichen – aufgeschlüsselt nach fixen und variablen Bestandteilen sowie nach Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung (Aktienoptionen). „Der Vorstand handelt gemeinsam, deshalb ist es auch angemessen, seine Vergütung in Gänze zu veröffentlichen“, sagte Fröhlich dem Tagesspiegel.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte Nachbesserungen am geplanten Gesetz. Vorstandsmitglied Dietmar Hexel erklärte, die Höhe der Bezüge allein sei nicht aussagekräftig genug. Wichtig sei, auch das Vergütungskonzept offen zu legen. Bei der Aufschlüsselung in erfolgsunabhängige und erfolgsbezogene Komponenten müsse klar werden, was die Erfolgsmaßstäbe seien: Soll der Gradmesser beispielsweise der Aktienkurs, der Gewinn oder die Produktivität sein? Die Gewerkschaft erhofft sich davon, dass kurzfristiges, allein auf Aktiengewinn angelegtes Management erschwert wird. Der DGB kritisierte zudem die von Justizministerin Zypries vorgesehene Möglichkeit für die Hauptversammlung, per Beschluss die Offenlegung der Manager-Gehälter zu stoppen (Opting-Out).

In den Genuss dieser Regel dürfte wohl Porsche-Chef Wendelin Wiedeking kommen, einer der schärfsten Kritiker der neuen Transparenzvorschriften. Da die Erben des Porsche-Gründers, die Familien Porsche und Piëch, sämtliche stimmberechtigten Stammaktien des Autobauers halten, wird der Vorstand sein Gehalt wohl weiterhin nicht preisgeben müssen. „Wir werden unsere Aktionäre befragen, ob sie von der Opting-out-Regelung Gebrauch machen wollen“, sagte Porsche-Sprecher Anton Hunger. Ungeachtet der internen Entscheidung verletze das Gesetz das grundgesetzlich verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. „Vor dem Verfassungsgericht hätte das Gesetz nicht notwendigerweise Bestand“, sagte Hunger.

Auch Dirk Niebel, Generalsekretär der FDP, betonte, dass Grundrechte auch für Manager gelten. „Ein Gesetz, das eine Berufsgruppe zur Offenlegung der Gehälter zwingt, tritt dieses Recht mit Füßen“, sagte Niebel dem Tagesspiegel. Etwas anderes sei es, wenn die Aktionäre auf einer Hauptversammlung mehrheitlich beschlössen, dass die Vorstände ihre Gehälter offen legen müssten. „Sollte sich die Bundesregierung für eine Gesetzesinitiative entscheiden, dann sollte sie konsequent sein und nicht nur börsennotierte Firmen, sondern auch öffentliche Unternehmen mit einschließen, etwa die AOK oder die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten“, forderte der FDP-Generalsekretär. Nach Ansicht des SPD-Politikers Christian Lange, einer der Initiatoren der Gesetzesinitiative, ist das Gesetz hingegen in der Lage, „verlorenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen“.

Das geplante Gesetz wird von der Regierungskommission für gute Unternehmensführung, der deutschen Corporate-Governance-Kommission, unterstützt. Der Vorsitzende der Kommission, Ex-Thyssen-Chef Gerhard Cromme, hatte im März erklärt, die deutsche Wirtschaft habe „die Chance auf eine Selbstregulierung in diesem Punkte verspielt“.

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