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Wirtschaft: „Provokation ist immens wichtig“

Autovermieter Erich Sixt über Werbung, Gerichtsverfahren, Expansionspläne und die Chancen seiner Söhne auf den Chefposten

Herr Sixt, mit welchem Auto sind Sie heute ins Büro gefahren?

Mit einem Mercedes CLS Coupé. Ich wechsle die Autos alle paar Wochen, damit ich immer einen Überblick habe, welche Fahrzeuge wir im Programm haben.

Besitzen Sie überhaupt ein Privatauto?

Nein, ich habe mir persönlich noch nie ein Auto gekauft. Ich besitze aber ein paar Oldtimer, mit denen meine Vorfahren das Geschäft aufgebaut haben. Dazu gehören ein Mercedes Pullman Landaulet aus dem Jahr 1935 und ein Mercedes mit Flügeltüren, Jahrgang 1954. Außerdem habe ich eine Harley Davidson, mit der ich noch ab und zu und vor allem langsam fahre.

Welche Autos sind bei Ihren Kunden am beliebtesten?

Im Grunde bevorzugen sie alles, was gerade neu auf dem Markt ist. Momentan gehört dazu der Mercedes CLS. Außerdem haben wir immer ein paar besondere Angebote, die Spaß machen sollen.

Zum Beispiel?

Im Moment vermieten wir zum Beispiel den kultigen US-Geländewagen Hummer. Da der Hummer laufend ausgebucht ist, konnte ich ihn leider noch nicht selbst testen.

Trauen sich die Leute angesichts der Konjunkturflaute überhaupt noch, Luxusautos zu mieten?

Ja. Nicht jeder lebt nach dem Motto „Geiz ist geil“. Es wird immer Menschen geben, die sich Luxus gönnen. Aber generell geht die Stimmung in Richtung Sparsamkeit. Meiner Meinung nach sind die Deutschen etwas zu ängstlich. So schlecht geht es uns schließlich nicht.

Immerhin sind Sie mit der Marke ,Sixti’, bei der man Smarts ab fünf Euro pro Tag mieten kann, auch auf den Billigtrend aufgesprungen.

Sixti ist kein Widerspruch zur klassischen Sixt Autovermietung, denn die Produkte sprechen komplett andere Zielgruppen an. Ich bin sicher, dass sich das Low-Cost-Segment drastisch vergrößern wird und wir uns dadurch neue Kunden erschließen – zum Beispiel Städter, die sich kein Auto kaufen, sondern es nur mieten, wenn sie es brauchen. Bisher haben wir ja nur 25 Prozent Privatkunden; der Rest sind Geschäftskunden.

Da macht Ihnen Niki Lauda, der Autos mit Werbefläche für einen Euro pro Tag anbietet, jetzt aber scharfe Konkurrenz.

Lauda ist ein hervorragender Rennfahrer. Aber seine unternehmerischen Aktivitäten waren bisher nicht von Erfolg gekrönt. Wir nehmen ihn nicht so ernst. Er hat mich vor dem Start seines Unternehmens sogar angerufen und wollte von mir die Einkaufskonditionen wissen, die wir bei Smart haben. Ich habe ihm natürlich nichts verraten.

Verraten Sie uns, wie viel Rabatt Sie beim Einkauf bekommen?

Ich kann nur sagen, es gibt Rabatt, er reicht aber bei weitem nicht aus. Die Hersteller könnten uns deutlich besser stellen. Schließlich kaufen wir jährlich Autos im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro ein und sind ein erstklassiger Werbeträger für die Hersteller.

Sie sind vor allem durch Ihre frechen Anzeigenkampagnen bekannt geworden. Provozieren Sie gern?

Ich bin allgemein ein provokativer Mensch. Nur wenn man kontrovers diskutiert, kann man interessante Gespräche führen. In der Werbung ist Provokation immens wichtig, um wahrgenommen zu werden. Immerhin hat die Marke Sixt damit einen Bekanntheitsgrad von 85 Prozent bei den Deutschen erreicht.

Vor allem bei deutschen Anwälten. Sie bekommen dauernd Unterlassungserklärungen zugestellt.

Ja, da haben wir schon Routine. Wir hatten in den vergangenen 15 Jahren 800 Gerichtsverfahren am Hals.

Wie findet Erich Sixt denn die Politik der Bundesregierung?

Ich sage meine Meinung, wenn man mich fragt. Die derzeitige Regierung schadet unserem Geschäft, weil sie eine Mitschuld trägt, dass der deutsche Konjunkturmotor seit ein paar Jahren stottert.

Aber Ihr Geschäft läuft glänzend. Sixt wächst gegen den Branchentrend und hat in den ersten neun Monaten schon mehr verdient als im gesamten Vorjahr.

Natürlich. Für einen findigen und besessenen Unternehmer ist immer Platz. Trotzdem macht diese Regierung jungen Unternehmern mit guten Ideen das Leben schwer – nicht zuletzt durch die ausufernde Bürokratie. Da können nur die Stärksten überleben.

Zurück zum Geschäft: In Großbritannien und in Frankreich haben Sie sich schwer getan, Fuß zu fassen.

Wir haben die kulturellen Unterschiede falsch eingeschätzt und konnten unser Erfolgsrezept nicht eins zu eins auf diese Länder übertragen. Die Engländer sind beim Management sehr unselbstständig und brauchen detaillierte Befehle. Franzosen sind dagegen potenzielle Revoluzzer.

Trotzdem wollen Sie in Europa in den nächsten Jahren kräftig expandieren?

Ja, wir wollen den Marktanteil der Marke Sixt bis 2008 von zehn auf mindestens 15 Prozent steigern. Dabei wollen wir vor allem in Großbritannien und Frankreich wachsen und unser Franchisenetz deutlich ausbauen. Eigentlich hätten wir schon ein paar Jahre früher mit der Expansion beginnen müssen.

Welchen Markt wollen Sie als nächsten aufrollen?

Zum Beispiel Südamerika. In Brasilien haben wir uns gerade mit einem Franchisenehmer geeinigt. Der Markteintritt dort ist der erste Schritt nach Lateinamerika und ein wichtiger Bestandteil unserer Auslandsexpansion. Wir starten in Brasilien mit 2000 Fahrzeugen an 20 Stationen. In fünf Jahren sollen dort mehr als 10000 Sixt-Autos unterwegs sein. Bei Lizenzgebühren von circa fünf Prozent ist das hochinteressant für uns. In anderen mittel- und südamerikanischen Ländern sind wir in Verhandlungen mit potenziellen Franchisepartnern.

Und China?

Ich rechne damit, dass wir die Verträge bis Mitte 2005 unter Dach und Fach haben.

Woher wissen Sie eigentlich, wie viele Autos Sie auf Vorrat haben müssen?

Wir haben unsere Fuhrparkkosten mit Hilfe eines modernen, von uns entwickelten computergesteuerten Systems deutlich gesenkt. Es erstellt aufgrund von statistisch erfassten Vergangenheitswerten Prognosen darüber, wie viele Autos in Zukunft gemietet werden. Dabei bezieht es Einflussfaktoren wie das Wetter oder die Anzahl von Feiertagen ein.

Und daraus lässt sich die Auslastung der Fahrzeugflotte errechnen?

Genau. Die Auslastung ist die direkte Folge unserer Einkaufsentscheidung. Es ist kriegsentscheidend, dass wir genau die Anzahl an Autos einkaufen, die später nachgefragt werden. Pro Prozent Auslastung macht das im Ergebnis einen Unterschied von rund zwei Millionen Euro.

Sie sind 60 geworden und leiten Sixt seit 35 Jahren. Denken Sie ans Aufhören?

Auf keinen Fall. So lange ich geistig noch beweglich bin, mache ich den Job. Denn mein Unternehmen ist meine Existenzform. Ohne die Firma würde ich mich extrem langweilen. Ich bin nicht der Typ, der gerne Golf spielt.

Können Sie sich vorstellen, dass einer Ihrer beiden Söhne Sixt einmal führen wird?

Meine Söhne studieren noch und müssen sich erst einmal bewähren, so wie ich es damals getan habe. Vorstand wird man nicht durch Abstammung, sondern durch Qualifikation. Wir haben bei Sixt ohne Frage Menschen, die meinen Job machen könnten.

Manche werfen ihnen vor, das Unternehmen im Stil eines Patriarchen zu führen.

So sehe ich mich überhaupt nicht. Ich fände es schlimm, wenn ich wirklich ein Patriarch wäre. Von dieser Führungsmethode halte ich nichts. Mir macht es Spaß, wenn Menschen sich entfalten können. Dafür muss man Ihnen aber eine gewisse Freiheit lassen.

Das Gespräch führte Nicole Huss.

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