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Weniger turbulent als erwartet. 8100 Siemens-Aktionäre nahmen am Mittwoch an der Hauptversammlung in der Münchner Olympiahalle teil.

© dpa

Quartalsbilanz: Siemens ist zu schwach für die Champions League

Aktionärsvertreter kritisieren das Siemens-Management um Peter Löscher wegen des Gewinnrückgangs. Der Konzernchef selbst bremst die Erwartungen.

Der Fußball muss immer wieder herhalten, um komplizierte Dinge allgemeinverständlich zu erklären: „Ich kann Ihnen nur sagen, manchmal, wenn es um die Beteiligung von Borussia Dortmund oder Barcelona an der Champions League geht, kann es in Einzelfällen zu Differenzen kommen“, erläutert Joe Kaeser am Mittwoch vor 8100 Aktionären. Dann legt er Daumen und Zeigefinger fest aufeinander, um deutlich zu machen: „Aber wenn es um Siemens geht, halten wir zusammen. Da werden wir auch keinen dazwischen lassen.“ Dieses Loyalitätsbekenntnis von Finanzchef Kaeser zu Vorstandschef Peter Löscher (Anhänger des spanischen Fußballs) auf der Siemens-Hauptversammlung in der Münchner Olympiahalle kam nicht ganz freiwillig. Zuletzt hatte es viele Berichte gegeben, die Löscher Führungsschwäche und Kaeser Ambitionen auf den Chefposten nachsagten. Was daran sei, wollte dann auch ein Aktionärsvertreter wissen.

Mit gewohnter Gelassenheit führte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme die Versammlung, die weit weniger turbulent verlief, als das Aktionärstreffen von Thyssen-Krupp, das Cromme vergangene Woche geleitet hatte. Cromme ließ sich weder beirren von den Rednern, die ihm vorwarfen, den notwendigen Generationenwechsel im Aufsichtsrat nicht einzuleiten, noch von der Kritik an seiner Person. Er sei gerührt, sagte der 69-Jährige, dass so viele Menschen an seinem Gesundheitszustand interessiert seien. Er werde der Aufgabe gerecht werden, versicherte er der Hauptversammlung.

Die Redner stellten Management und Aufsichtsrat ein schlechtes Zeugnis aus. Sie waren weder mit der Entwicklung des Aktienkurses noch mit der Profitabilität zufrieden. „Sie sind unter den Erwartungen geblieben. Die Konkurrenz macht es vor und zieht an uns vorbei“, kritisierte die Vertreterin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Daniela Bergdolt. Obwohl der Umsatz 2012 gestiegen ist, hat sich die operative Marge im abgelaufenen Geschäftsjahr von 12,3 Prozent auf 9,5 Prozent verschlechtert. Wettbewerber wie General Electric (GE) hätten dagegen bei einem sinkenden Umsatz die Marge auf 15,5 Prozent steigern können, rechnete Portfoliomanager Ingo Speich von Union Investment vor. „In der Champions League, Herr Löscher, hätte Siemens mit den zuletzt gezeigten Leistungen nicht einmal die Gruppenphase überstanden. Das kann nicht Ihr Anspruch sein!“ Die Abspaltung der Lichttochter Osram sorgte dagegen kaum für Widerspruch. Die Hauptversammlung stimmte darüber ab, dass gut 80 Prozent der Osram-Aktien an die Siemens-Aktionäre gegeben werden. Vermutlich im Sommer soll es dann einen weiteren Versuch eines Osram-Börsengangs geben.

Weltklasse sei sein Ziel für den Konzern hatte Löscher in seiner Rede den Aktionären versichert. Im vergangenen Jahr gab es jedoch viele Probleme, die das verhinderten. Löscher warb um Verständnis: Etwa mit dem Filmeinspieler, der zeigen sollte, welche gigantischen Dimensionen das Windpark-Projekt in der Nordsee hat, auf das Siemens mehr als eine halbe Milliarde Euro abschreiben musste, weil sich die Anbindung ans Festland verzögert. Oder mit dem Hinweis auf die veränderten Rahmenbedingungen in der Solarbranche: Siemens hatte erst 2009 die israelische Firma Solel erworben, von der man sich nun wieder trennen will, nachdem im ersten Quartal nochmals ein Verlust von 150 Millionen Euro angefallen ist. Auch dass die Hochgeschwindigkeitszüge in Russland, China und Spanien gut laufen, kann die Aktionäre nur wenig freuen, wenn im eigenen Lande die verzögerte Auslieferung der neuen ICE-Züge an die Deutsche Bahn für schlechte Schlagzeilen sorgt. 2012 sei ein gutes, aber nicht komplett zufrieden stellendes Jahr gewesen, räumte Löscher ein.

Dann bremste er die Erwartungen an das laufende Geschäft: „Für den weiteren Jahresverlauf erwarten wir von der Weltwirtschaft keinen Rückenwind“, kündigte der Vorstandsvorsitzende an. Verbesserungen bei der Profitabilität soll jedoch in jedem Fall das Effizienzprogramm Siemens 2014 bringen. Damit könne die Marge der vier Bereiche Energie, Industrie, Gesundheit sowie Infrastruktur und Städte wieder auf „mindestens zwölf Prozent“ kommen.

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