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Wirtschaft: Quasseln ohne Ende

Telekom ordnet Tarife neu / Pauschale erlaubt unbegrenzte Ortsgespräche / Aber Verbraucherschützer finden Preisstruktur zu komplex

Bonn - Die Deutsche Telekom bietet ab März erstmals einen Pauschalpreis für Gespräche im Ortsnetz an und ordnet ihr Tarifgefüge neu, um ihre Marktstellung im Festnetz zu verteidigen. T-Com-Vorstand Achim Berg sprach am Mittwoch von „massiven Preissenkungen“ und einer übersichtlicheren Tarifstruktur.

Verbraucherschützer teilen diese Sicht nur zum Teil. Die Tarife seien schwer durchschaubar, sagte Carel Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen dem Tagesspiegel. „Der Tarifmarkt wird immer unübersichtlicher. Man muss sehr genau hinschauen, was man für eine Nutzungsstruktur hat. Das wird immer mehr zu einer Wissenschaft.“

An der Höhe der Preise gebe es allerdings keine Kritik. „Aus unserer Sicht ist kein großer Haken dabei. Die Preissenkungen sind ein Zeichen dafür, dass der Wettbewerb funktioniert“, sagte Mohn. „Mit diesen Tarifen liegen wir zumindest auf Augenhöhe mit den Call-by-Call-Anbietern“, sagte Berg.

Analysten sehen kaum Vorteile für Verbraucher. „Die Pauschaltarife sind so konstruiert, dass die Telekom damit Geld verdienen kann, während es sich für die Kunden häufig nicht rechnet", sagte Joeri Sels von der DZ Bank. „Man muss sehr, sehr lange telefonieren, um ansatzweise von dem neuen Tarif-Feuerwerk zu profitieren“, sagte auch Christian Füg vom Tarifvergleich-Anbieter billiger-telefonieren.de.

Künftig muss sich der Kunde bei der Telekom zwischen vier Grundtarifen entscheiden: Call Plus, Call Time, XXL und XXL Freetime. Die Tarife sind nach Nutzungsverhalten differenziert. So kosten Inlands-Ferngespräche ab März 2,9 Cent je Minute in der Nebenzeit und damit nach Telekom-Angaben 52 Prozent weniger als bisher. Der Preis für Ferngespräche in der Hauptzeit sinkt sogar um 59 Prozent auf 4,9 Cent.

Besonders werbewirksam ist die neue Ortsgespräch-Monatspauschale von 9,95 Euro – genannt XXL Local – zusätzlich zur Grundgebühr von mindestens 15,95 Euro. Je nach Tageszeit reichen rund neun bis 22 Minuten Ortsgespräche pro Tag, um den Mehrpreis abzutelefonieren.

Solche so genannten Flatrates waren bisher nur bei Internetzugängen gebräuchlich, sind aber zum Beispiel bei Telekom-Konkurrenten und in den USA weit verbreitet. Künftig werden alle Gespräche im Minutentakt abgerechnet, was im Zweifel ebenfalls Geld spart.

Mit den neuen Tarifen will die Telekom ihre Position im Wettbewerb stärken. „Wir stehen in einem nach wie vor hart umkämpften Markt“, sagte T-ComVorstand Berg.

Nach Angaben der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post haben die Telekom-Konkurrenten im vergangenen Jahr ihren Marktanteil im Ortsnetz vergrößert. Im Jahresdurchschnitt erreichten die Konkurrenten bei Verbindungsminuten in diesem Segment einen Marktanteil von 33 Prozent nach 17 Prozent im Durchschnitt des Jahres 2003.

Mehr Konkurrenz konstatiert die Behörde vor allem bei den Internet-Zugängen. „Den Wettbewerbsunternehmen ist es im vergangenen Jahr gelungen, die Marktanteile im Breitbandbereich mit großen Schritten zu steigern“, sagte Behördenchef Matthias Kurth am Mittwoch. Die Telekom-Konkurrenten hätten ihren Anteil an Breitbandanschlüssen von 11 Prozent auf 20 Prozent nahezu verdoppelt. Im Neukundengeschäft betrage der Anteil der Wettbewerber bereits 33 Prozent. In manchen Regionen hätten die Konkurrenten bis zu 50 Prozent des DSL-Anschlussmarktes erobert, sagte Kurth. „Natürlich ist die Dominanz der Telekom noch da, aber es findet eine Aufholjagd statt, und diese Aufholjagd gewinnt immer mehr an Dynamik.“

Die Befürchtungen einer „Remonopolisierung“ des Telefonmarktes hätten sich zerstreut, sagte Kurth. Anders als in den USA, wo Fusionen zwischen Telefongesellschaften anstehen, nehme in Deutschland die Angebotsvielfalt zu. Der Umsatz im Telekommunikationsmarkt stieg 2004 um zwei Prozent auf 64,5 Milliarden Euro.

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