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Wirtschaft: Rabattgesetz: Standpunkt: Jetzt kann das große Feilschen beginnen

"Der Wegfall des Rabattgesetzes wird zum Big Bang für den deutschen Handel", verspricht die Werbeagentur Grey in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Ein Händler wie Wand & Boden gewährte gar schon vor Abschaffung des Rabattgesetzes "16 Prozent Extra-Rabatt" über massenhaft verteilte Rabattgutscheine.

"Der Wegfall des Rabattgesetzes wird zum Big Bang für den deutschen Handel", verspricht die Werbeagentur Grey in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Ein Händler wie Wand & Boden gewährte gar schon vor Abschaffung des Rabattgesetzes "16 Prozent Extra-Rabatt" über massenhaft verteilte Rabattgutscheine. Andere wie Media Markt steuern vehement gegen das große Feilschen nach Ende des Rabattgesetzes: Das eigene "Tiefpreisgesetz" besagt, dass kein Kunde feilschen müsse, weil dort ohnehin die niedrigsten Preise geboten würden. Mögen die Marketingstrategen auch unterschiedlich reagieren; eines ist sicher, Rabattgesetz und Zugabeverordnung sind abgeschafft und damit neue Freiheiten für Unternehmer beim Marketing entstanden. Grenzenlos ist die Freiheit aber nicht: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zieht auch jetzt neue Grenzen.

Zugaben: Fast alle Zugaben wie etwa eine Ledertasche zum Lebensmitteleinkauf oder eine kostenlose Tennisschlägerbespannung beim Schlägerkauf sind jetzt gestattet.

Garantien: Möglich sind ebenfalls sehr weitgehende Garantien ohne Aufpreis wie Qualitätsgarantien für Mängel aufgrund von Abnutzung oder aufgrund Verschlechterungen, die der Kunde verursacht hat. Gestattet sind zudem sehr langfristige Umtausch- und Rückgabegarantien bei Teppichen noch nach fünf Jahren. Nach wie vor unzulässig sind aber zeitlich völlig unbegrenzte Garantien.

Fahrt- und Parkkosten: Erlaubt ist auch, wenn Fahrt- und Parkkosten unter der Bedingung des Einkaufs erstattet werden.

One-for-two: Gleiches gilt für One-for-two-Gutscheine, nach denen von zwei Essen nur das teurere zu bezahlen ist.

Miles & More: Bereits vor Abschaffung der Zugabeverordnung sehr verbreitet waren Bonussysteme wie "Miles & More" der Lufthansa oder "webmiles" im Internet, nach denen ein Kunde erst über Käufe, Bestellungen Punkte sammeln musste, die er dann je nach erreichtem Punktwert in Produkte umtauschen konnte. Bei solchen Bonussystemen darf aber keine Täuschung über den Wert der Zugabe erfolgen: Das galt etwa, wenn ein Kreditkartenkunde für jede zehn Mark, die er mit einer Kreditkarte ausgegeben hat, eine Meile gutgeschrieben erhielt, jedoch nicht angegeben war, welche Zahl von Meilen in welche Flüge umgewandelt werden konnten.

Wert der Zugabe: Generell muss kein ganz konkreter Wert der Zugabe angegeben werden. Zugaben, die etwa wegen Werbeaufdrucken nur einen begrenzten Verkehrswert haben, dürfen nicht so beworben werden, dass der Verbraucher einen normalen Verkehrswert unterstellt. Verboten kann eine kostenlose Zugabe auch sein, wenn der Verbraucher sich allein durch die Zugabe vorschnell zum Vertragsschluß "verleiten" lässt. Verboten haben Gerichte beispielsweise Einkaufsgutscheine von zehn Mark bei 80 Mark Mindestbestellwert beziehungsweise von 100 Mark bei Abschluß eines Handy-Vertrages mit zweijähriger Laufzeit und den üblichen Gebühren.

Eine klare Linie der Gerichte existiert noch nicht. Als Faustformel mag gelten, dass Zugaben, die ein Drittel des Wertes der Hauptware übersteigen, auch jetzt nach Abschaffung der Zugabeverordnung problematisch sind.

Rabatte: Früher durch das Rabattgesetz verbotene Rabatte sind jetzt grundsätzlich erlaubt: Dazu zählt ein Mengennachlass, ein Preisnachlass für Barzahler, für Gutscheininhaber oder für Personengruppen, für bestimmte Berufe, für Vereine, für Mitarbeiter bei bestimmten Unternehmen oder für Mitglieder bestimmter Parteien.

Inzahlungsnahme: In jedem Fall zulässig sind auch Inzahlungsnahmen von Gebrauchtwaren über Wert bei Kauf einer Neuware, insbesondere im KfZ-Bereich.

Mondpreise: Es ist aber unzulässig, mit nicht ernsthaft geforderten Preisen nach außen zu werben ("Mondpreise"), die dann je nach Verhandlungsgeschick des Käufers individuell rabattiert werden.

Regulierte Preise: Es verstößt gegen die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure und damit gegen Wettbewerbsrecht, wenn Architekten Rabatte geben, genauso wie die Rabattierung von gerichtlichen Anwaltshonoraren gegen die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung verstieße.

Schlussverkauf: Die Abschaffung des Rabatt-Gesetzes berührt nicht Preisnachlässe, die der Unternehmer allen gewährt. Sie sind nur zulässig in zeitlich begrenzten Ausnahmefällen wie den Schluss- oder Jubiläums- und Räumungsverkäufen..

Wer früher einmal wegen Verstoßes gegen das Rabattgesetz oder die Zugabeverordnung eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe abgegeben hat oder gar gerichtlich zur Unterlassung verurteilt wurde, sollte handeln: Oft werden solche Unterlassungserklärungen zwar jetzt unwirksam werden, eine ausdrückliche Kündigung von Unterlassungserklärungen bleibt aber oft empfehlenswert, wenn nicht eindeutig und zweifelsfrei gesagt werden kann, dass durch Entfall von Zugabeverordnung und Rabattgesetz das frühere Verhalten legalisiert wurde.

Dr. Jan Bernd Nordemann[LL.M. ist Rechtsanwalt in]

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