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Wirtschaft: Radeberger droht mit Aus für Berliner Brauerei

Entscheidung über Standorte bis Jahresende / Bierkonzern kämpft mit hohen Überkapazitäten

Berlin - Die Radeberger-Gruppe hat ihrer neuen Tochtergesellschaft Brau und Brunnen wegen hoher Verluste einen harten Sanierungskurs verordnet. Rund 20 Prozent der „beeinflussbaren Kosten“ müssten eingespart werden, kündigte Radeberger-Chef Ulrich Kallmeyer an, der auch Aufsichtsratschef von Brau und Brunnen ist. Kallmeyer schloss einen Personalabbau und die Aufgabe von Standorten nicht aus. Als besonders gefährdet gelten Braustätten in Berlin und Dortmund, wo der Konzern jeweils zwei Brauereien betreibt.

Die zum Lebensmittelkonzern Oetker gehörende Radeberger-Gruppe hatte Brau und Brunnen im Februar gekauft. Radeberger stieg mit der Übernahme zum größten Bierbrauer Deutschlands auf und vereinigt etwa 40 Marken unter seinem Dach. In Berlin gehören Kindl sowie Berliner Pilsner und Schultheiss dazu. Allerdings leidet das Unternehmen wie die gesamte Branche unter dem abnehmenden Bierdurst der Deutschen und den Auswirkungen des Dosenpfands.

Im ersten Halbjahr sanken Bierabsatz und Umsatz bei Brau und Brunnen um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, sagte Kallmeyer. Der Verlust sei im „einstelligen Millionen-Euro-Bereich“ gestiegen. Dem scheidenden Brau- und-Brunnen-Chef Michael Hollmann warf er vor, im Vorjahr unseriös bilanziert zu haben: „Statt eines Gewinns von 7,5 Millionen Euro hätte auch ein Verlust von 20 Millionen Euro in der Bilanz stehen können.“ Um das Unternehmen wieder profitabel zu machen, sei jetzt ein „klarer und schneller Neuanfang“ notwendig.

Dabei wird die Aufgabe eines Standortes in Berlin immer wahrscheinlicher. „Die Überkapazitäten sind eklatant“, sagte Kallmeyer. Der Konzern betreibt jetzt zwei große Brauereien in der Stadt. In Neukölln wird mit 280 Mitarbeitern Kindl abgefüllt und in Hohenschönhausen mit 450 Beschäftigten Berliner Pilsner und Schultheiss. Deren Auslastung liege in der Abfüllung laut Kallmeyer nur bei 50 Prozent. In Arbeitsgruppen würden derzeit Konzepte entwickelt, wie die beiden Unternehmen zusammengeführt werden können. Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres vorliegen.

Die Arbeitnehmervertreter stellen sich bereits auf harte Einschnitte ein. „Wir sehen die vorhandenen Überkapazitäten“, sagte Edmund Mayer, Chef des Landesbezirks Ost der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. „Das hat aber auch mit der Entscheidung des Unternehmens zu tun, keine Handelsmarken zu produzieren.“ Während die Premiummarken wie Radeberger Marktanteile verlieren, boomen die Billigbiere der Discounter. „Wir werden verhandeln und um jeden Job kämpfen“, sagte Mayer. Im Standortwettbewerb hat die zugekaufte Brau-und- Brunnen-Braustätte in Hohenschönhausen die besseren Karten. Die Kindl-Brauerei in Neukölln liegt mitten in einem Wohngebiet und ist wesentlich älter als die Anlage im Ostteil der Stadt. Deren Kapazität ist mit 1,75 Millionen Hektolitern zudem deutlich größer.

Maurice Shahd

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