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Wirtschaft: Radikaler Denker

Der renommierte Ökonom Rüdiger Dornbusch ist tot

Er war einer der wenigen Deutschen, die auch auf der anderen Seite des Atlantiks immer wieder um Rat gefragt wurden, wenn es um ökonomische Krisen ging. Rüdiger „Rudi“ Dornbusch, weltweit berühmt und angesehen als Experte für Wechselkurse und Wirtschaftskrisen, wurde zwar vor 60 Jahren in Krefeld geboren. Den Hauptteil seiner Karriere machte er jedoch in den USA am berühmten Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo er die vergangenen 27 Jahre als Professor für Volkswirtschaftslehre und Internationales Management lehrte. Zuvor hatte er in Genf und Chicago studiert, und als Professor in Rochester und Chicago gelehrt. Mit Über 20 Büchern und 300 Artikeln über Makroökonomie und Außenwirtschaft verschaffte sich Dornbusch weltweiten Respekt, er beriet Notenbanken und viele Länder der Dritten Welt.

Bekannt war Dornbusch vor allem für sein Modell zur Theorie überschießender Wechselkurse. Im Jahr 1976 veröffentlichte er eine seine wohl bekannteste Forschungsarbeit: „Expectations and Exchange Rate Dynamics“. Das darin beschriebene Modell gilt als Anstoß für radikale Veränderungen in der Theorie internationaler Makroökonomie. Mit seinem dynamischen Modell zeigte Dornbusch, dass geldpolitische Schocks auf Grund temporär starrer Güterpreise kurzfristig stärkere Wechselkursveränderungen zur Folge haben als auf lange Sicht. Dornbusch führte damit das Auf und Ab der Kurse nicht wie andere seiner Kollegen heute auf ungeduldige Anleger oder Herdenverhalten zurück. Ihm zufolge ist die Volatilität der Wechselkurse notwendig, um das ganze System zeitweise ins Gleichgewicht zu bringen. Kenneth Rogoff, Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds, bezeichnete den Aufsatz kürzlich als „einflussreichste Schrift auf dem Gebiet der Makroökonomie seit dem zweiten Weltkrieg“. Dornbuschs Forschung fand in vielen Ländern in der Praxis großen Anklang, wo viele seiner früheren Studenten in führenden Positionen bei Notenbanken und in Finanzministerien arbeiten.

Dornbusch war aber auch der breiten amerikanischen Öffentlichkeit durch seine langjährigen Beiträge in „Business Week“ und im „Wall Street Journal“ bekannt. Seine klaren, witzigen und nicht von gängigen Meinungen abhängigen weltwirtschaftlichen Analysen machten ihn zu einem der gefragtesten Berater bei Organisationen und Unternehmensgruppen. Dornbusch verwies beispielsweise Wochen vor Ausbruch der mexikanischen Peso-Krise darauf, dass es zum Kollaps der Währung kommen würde. Er hat in letzter Zeit an Vorschlägen für fiskal- und währungspolitische Reformen in Argentinien gearbeitet. Seinem Heimatland stand er besonders kritisch gegenüber: Noch im Januar dieses Jahres bezeichnete er Deutschland als „reich, fett und faul“, Anzeichen für notwendige Reformen gebe es nicht. Nach Angaben seiner Universität ist Dornbusch am Donnerstag zu Hause in Washington an Krebs gestorben. Flora Wisdorff

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