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Wirtschaft: Radikalumbau der Allianz erzürnt Verdi

Außerordentliche Hauptversammlung soll die Pläne heute beschließen – Gewerkschaft stellt Forderungen

Berlin - Rund 6000 Aktionäre der Allianz machen sich heute auf den Weg – nach Düsseldorf. Weil kurzfristig in München, dem Unternehmenssitz von Deutschlands größtem Versicherungskonzern, keine ausreichend große Halle gefunden werden konnte, bittet die Allianz ihre Anteilseigner jetzt an den Rhein. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung sollen sie an diesem Mittwoch nicht nur der Verschmelzung mit der italienischen Tochter RAS zustimmen, sie sollen auch grünes Licht für den Totalumbau der Allianz geben: Allianz-Chef Michael Diekmann will aus seinem Unternehmen die erste Europa-AG machen und so die europäischen Landesgesellschafter enger an den Konzern anbinden.

Während Diekmann von einer „historischen Gelegenheit“ und einer „Initialzündung“ für die Modernisierung des Unternehmens schwärmt, wollen Gewerkschafter das Aktionärstreffen nutzen, um den Blick auf die Probleme vor Ort zu lenken. Denn auch in Deutschland will Diekmann seinen Laden umkrempeln. Die bisherigen Konzerngesellschaften – die Leben-, Kranken- und Sachversicherung – rücken unter das Dach einer neuen Deutschland-Holding. Während bislang jede Sparte ihren eigenen Vertrieb hatte, soll der Vertrieb jetzt in einer neuen Vertriebsgesellschaft gebündelt werden. Viele der knapp 40 000 fest angestellten Allianzler fürchten um ihren Job, Vertreter um ihre Besitzstände.

Verdi macht gegen diese Pläne mobil. Die bisherige Weigerung des Vorstandes, mit der Gewerkschaft Beschäftigungs- und Standortgarantien auszuhandeln, „hat zu erheblicher Unruhe in der Belegschaft geführt“, sagt Verdi-Vorstandsmitglied Uwe Foullong. Obwohl der Konzernumbau bereits vor fünf Monaten verkündet worden sei, habe es bisher keine verlässlichen Zusagen zur dauerhaften Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten gegeben.

Am 20. Februar wollen Verdi, die Betriebsräte und der Allianz-Vorstand mit den Verhandlungen beginnen. Die Ziele der Gewerkschafter: Betriebsbedingte Kündigungen sollen für die nächsten Jahre ausgeschlossen werden, der Vorstand soll Beschäftigungs- und Standortgarantien geben, für alle Beschäftigten im Konzern soll die Tarifbindung gelten und für die Mitbestimmung in der neuen Europa-AG sollen deutsche Standards maßgeblich sein.

Über die Zukunft der Mitbestimmung will Diekmann Ende März mit den Arbeitnehmervertretern aller europäischen Allianz-Gesellschaften verhandeln. Klar ist aber schon jetzt, dass der Einfluss der Deutschen sinken wird. Denn die neue Europa-AG soll einen stark verkleinerten Aufsichtsrat haben, außerdem werden in dem Aufsichtsgremium nicht nur deutsche Arbeitnehmervertreter sitzen, sondern Kollegen aus ganz Europa.

Mit Flugblättern wollen Verdi und Allianz-Beschäftigte am Mittwoch vor der Düsseldorfer Messe-Halle die Aktionäre auf ihre Seite ziehen. Die Allianz-Führungsspitze versucht unterdessen, den Konflikt zu entschärfen. „2006 wird es keine betriebsbedingten Beendigungskündigungen und Standortschließungen geben“, versprach Gerhard Rupprecht, Vorstandschef der neuen Deutschland-Holding, den Mitarbeitern kürzlich in einem internen Interview. Im Vertriebsinnendienst würden durch den Umbau zwar 700 Stellen wegfallen, doch sollen den Betroffenen neue Stellen im Außendienst oder bei Allianz-Vertretern angeboten werden. Verlässliche Zahlen soll es bis Mitte des Jahres geben.

Den Beschäftigten wird das wohl nicht reichen. Wahrscheinlich werden sich einige Allianzler am Mittwoch Luft machen. Denn viele Mitarbeiter haben Belegschaftsaktien – und sind so gleichzeitig Aktionäre.

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