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Wirtschaft: RAG droht Millionenrückzahlung

Zu hohe Subventionen könnten Börsenpläne des Bergbaukonzerns gefährden

Berlin - Der geplante Börsengang des Bergbau- und Chemiekonzerns RAG könnte durch millionenschwere Rückzahlungen erschwert werden. So muss die RAG wegen des hohen Weltmarktpreises für Steinkohle voraussichtlich erhebliche Subventionsbeträge an Bund und Länder erstatten. „Unseren Berechnungen zufolge geht es dabei allein für das vergangene Jahr um 500 Millionen Euro“, sagte Felix Matthes vom Ökoinstitut in Freiburg dem Tagesspiegel. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) schätzt die Höhe der Subventionsrückzahlung sogar auf rund eine Milliarde Euro.

Die aus der Ruhrkohle AG hervorgegangene RAG hatte am vergangenen Wochenende angekündigt, im Mai 2006 an die Börse gehen zu wollen. Die Anteilseigner des Konzerns – Eon, RWE und Thyssen-Krupp – haben dem Vorhaben bisher aber noch nicht zugestimmt. Wenn die RAG nun auch noch hohe Subventionsbeträge an die öffentliche Hand zurückzahlen muss, könnte dies die Börsenpläne weiter belasten.

Der Grund für die drohende Rückzahlung ist simpel: Denn die Kohlebeihilfen berechnen sich aus der Differenz zwischen den hohen Förderkosten in Deutschland von gut 160 Euro je Tonne und dem niedrigeren Weltmarktpreis. Steigt der Weltmarktpreis, wird der Abstand zu den Förderkosten geringer – und damit auch die Höhe der Subventionen. Genau das ist im vergangenen Jahr geschehen: So hat sich Kohle auf dem Spotmarkt von 37 Euro je Tonne im Jahr 2003 auf teilweise 70 Euro im Jahr 2004 verteuert. Allein Kraftwerkskohle war im Dezember 40 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Da jedoch die öffentliche Hand die Subventionen im Vorhinein als Abschlagzahlung überweist, stellt sich erst später heraus, ob zu viel Geld geflossen ist.

In früheren Abrechnungszeiträumen gab es zwar noch nie eine Rückzahlung, „aber der Kohlepreis war auch noch nie so hoch wie im vergangenen Jahr“, heißt es im Bundeswirtschaftsministerium. Um wie viel Geld es genau geht, ermittelt derzeit das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Das Verfahren aber wird sich noch hinziehen. „Wir rechnen damit, dass die Überprüfung bis Ende 2005 dauert“, sagte eine Bafa-Sprecherin dem Tagesspiegel.

Auch der RAG-Konzern, in dessen Gesellschaft Deutsche Steinkohle AG sämtliche deutschen Steinkohleaktivitäten gebündelt sind, hält sich bedeckt: „Spekulationen verbieten sich zu diesem Zeitpunkt“, erklärte ein Sprecher. Aber selbst er räumte ein, dass ein hoher Weltmarktpreis „grundsätzlich“ mit den Beihilfen verrechnet werden müsse. Zu viel gezahlte Subventionen müssten daher „im Prinzip“ zurückerstattet werden. Andreas Sitte vom Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus wird konkreter: „Die Steuerzahler könnten vom hohen Weltmarktpreis profitieren“, sagte er. Auf einen genauen Betrag wollte er sich allerdings nicht festlegen.

Fest steht: Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 2,2 Milliarden Euro operative – und damit an den Weltmarktpreis gekoppelte – Beihilfen gezahlt. Laut Öko- Institut war das zu viel: „Früher war in Deutschland ein Drittel der Förderkosten vom Weltmarktpreis gedeckt“, sagt Matthes. Das heißt: Zwei Drittel der Kosten musste der Staat übernehmen. Nun habe sich dieses Verhältnis jedoch umgekehrt: „Im Jahr 2004 entsprach der Weltmarktpreis bis zu zwei Dritteln den Förderkosten.“ Dem stimmt auch RWI-Experte Manuel Frondel zu: „Bei der Planung ist man von Preisen ausgegangen, die eher bei der Hälfte des tatsächlichen Weltmarktpreises liegen.“

Anja Hajduk, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert daher das derzeitige Verfahren: „Es ist schwer einzusehen, dass sich ein hoher Weltmarktpreis nicht sofort in der Subventionshöhe niederschlägt“, sagte sie dem Tagesspiegel. Zumal dasselbe Problem für das Jahr 2005 noch einmal auftreten könnte: Schließlich erwarten Analysten, dass der Kohlepreis auf Grund der steigenden Nachfrage in China und Indien weiterhin auf einem hohem Niveau verharren wird.

Immerhin, langfristig ist dieser Streit zumindest geklärt: Von 2006 an werden die Steinkohlebeihilfen erst im Nachhinein entrichtet – also erst, wenn feststeht, wie hoch der Subventionsbedarf tatsächlich ist.

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