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Wirtschaft: RAG plant neue Zeche in Westfalen

Erstes Bergwerk seit Jahrzehnten / Experten befürchten Subventionen / Grüne: „Wahlkampf für die SPD“

Berlin - Der Bergbau- und Energiekonzern RAG plant erstmals seit Jahrzehnten wieder den Bau eines neuen Bergwerks in Deutschland. Das Tochterunternehmen der RAG, die Deutsche Steinkohle AG (DSK), hat das Genehmigungsverfahren für den Bau eines neuen Kokskohle-Bergwerks bei Hamm gestartet. Einen entsprechenden Beschluss habe der Vorstand der RAG Anfang April gefasst, bestätigte der Konzern am Mittwoch. „Da das Genehmigungsverfahren rund vier Jahre dauert, müssen wir den Prozess heute einleiten, um für die Zukunft alle Optionen zu haben“, erklärte RAG-Chef Werner Müller, der ehemalige Bundeswirtschaftsminister. In dem Bergwerk sollen mehr als 2500 Menschen Arbeit finden. Auf öffentliche Mittel solle komplett verzichtet werden, betonte Müller. Einen Investor gebe es allerdings noch nicht.

Die Planungskosten für das Bergwerk werden Unternehmenskreisen zufolge mit 6,2 Millionen Euro veranschlagt. Mit der Förderung könne in acht bis zehn Jahren begonnen werden, erklärte die DSK. Nach Berechnungen der DSK wäre mit dem Bergwerk die Herstellung einer Tonne Koks zum Preis von 190 Euro auch langfristig machbar. Der aktuelle Preis von Importkoks aus China liege inklusive Frachtkosten bei 300 Euro.

Unabhängige Experten haben jedoch erhebliche Zweifel, ob die neue Zeche tatsächlich ohne Subventionen wirtschaftlich arbeiten kann. „Ich hätte nichts dagegen, wenn es private Investoren gibt, die das Vorhaben der RAG finanzieren“, sagte Manuel Frondel, Energieexperte des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), dem Tagesspiegel. „Aber ich habe sehr große Zweifel, dass die RAG solche Investoren findet.“ Schon früher habe RAG-Chef Müller deshalb einen Staatskredit in Höhe von 800 Millionen Euro zur Finanzierung des Projekts ins Gespräch gebracht. Es bestehe aber ein „sehr hohes Risiko“, dass ein solcher Kredit nicht zurückgezahlt werden könne. „Kein privates Unternehmen würde dieses Risiko eingehen“, sagte Frondel. Er betonte zudem, dass der Weltmarktpreis für Kokskohle derzeit wieder sinkt, was einen wirtschaftlichen Betrieb der Zeche unwahrscheinlicher mache.

Auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, ist gegen die Pläne der RAG. „Ich glaube nicht, dass man eine Zeche in Deutschland ohne Subventionen betreiben kann“, sagte sie dem Tagesspiegel. Der derzeit hohe Weltmarktpreis werde einem Schweinezyklus folgend bald wieder fallen. Müllers Pläne seien daher nicht zu verstehen. „Das ist Wahlkampf für die SPD in Nordrhein-Westfalen“, sagte Hustedt. Statt auf die Förderung von deutscher Kohle zu setzen, sollte sich die RAG lieber an internationalen Unternehmen beteiligen, die weltweit zu günstigeren Bedingungen Kohle produzieren.

Bei der RAG will man von dieser Kritik jedoch nichts wissen. Die Lagerstätte „Donar“ nördlich von Hamm verfüge über ein Kohle-Vorkommen von 100 Millionen Tonnen. „Wir wären in der Lage, daraus für 30 Jahre Koks für deutlich unter dem prognostizierten Weltmarktpreis zu produzieren“, sagte DSK-Vorstandschef Bernd Tönjes. Das Gebiet sei dünn besiedelt und eine Verschmutzungsgefahr für das Grundwasser nicht zu erwarten.

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