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Wirtschaft: RATGEBER: VERBRAUCHERSCHUTZ - Wenn die Tür zufällt

Nicht den erstbesten Schlüsseldienst anrufenVON KAI NITSCHKEDas Mißgeschick passierte Annemarie Wewetzer im ungünstigsten Augenblick.Gerade als ein Bekannter die Rentnerin aus Lankwitz am Abend schnell ins Krankenhaus bringen mußte, vergaß sie die Schlüssel einzustecken.

Nicht den erstbesten Schlüsseldienst anrufenVON KAI NITSCHKE

Das Mißgeschick passierte Annemarie Wewetzer im ungünstigsten Augenblick.Gerade als ein Bekannter die Rentnerin aus Lankwitz am Abend schnell ins Krankenhaus bringen mußte, vergaß sie die Schlüssel einzustecken.Erst in der Klinik bemerkte sie es und bat den Bekannten einen Schlüsseldienst anzurufen.Der Bekannte schlug das Branchenbuch auf und wählte die Nummer einer Anzeige auf den vorderen Seiten.Die Berliner Filiale der Schlüssel-Dienst ASS GmbH.Ein Fehler, wie sich nachträglich herausstellte.Der Monteur kam zwar prompt, berechnete für die Öffnung der lediglich eingeschnappten Tür aber fast 600 DM. Preise, die bei vielen Schlüsseldiensten üblich sind.Selbst für die Arbeit von wenigen Minuten werden häufig mehrere 100 DM verlangt.Die Verbraucherzentralen und die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift "Finanztest" warnen besonders vor Firmen mit einem A am Anfang des Namens.Damit soll häufig nur ein vorderer Platz in den Branchenbüchern gesichert werden, da die meisten Kunden in ihrer Aufregung den erstbesten Schlüsseldienst anrufen."Die Menschen sind in einer Notsituation und das wird ausgenutzt", sagt Rüdiger Strichau von der Berliner Verbraucherzentrale.Betroffene sollten deshalb möglichst mehrere Firmen anrufen und immer einen Festpreis vereinbaren. Ist ein Auftrag erteilt, sind die Kunden nämlich in der schlechteren Position, da die Gerichte bei der Kontrolle von Handwerkerrechnungen sehr zurückhaltend sind.So dürfen Notdienste Zuschläge für ihre außergewöhnlichen Arbeitszeiten verlangen und auch Nebenkosten, wie zum Beispiel Fahrtzeiten, gesondert aufführen.Berechnet werden darf allerdings nur, was zur Auftragserledigung notwendig ist.Ein Pauschalbetrag für Kleinteile kann deshalb nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg (Az: Ws 424/81) nur erhoben werden, wenn solche Teile auch gebraucht wurden.Mehrere Arbeiter oder Spezialwerkzeug muß ebenfalls nicht bezahlt werden, wenn es für die Reparatur überflüssig war [Amtsgericht Oldenburg, Az: E 7 C 7223/96 (X); Oberlandesgericht Stuttgart, Az: 2 U 157/87]. Kunden von Schlüsseldiensten sollten deshalb immer ausdrücklich sagen, welche Arbeiten erledigt werden sollen und welche nicht.Viele Monteure versuchen nämlich, ihren Auftrag vor Ort eigenmächtig zu erweitern.Da sie häufig nicht nach einem festen Stundensatz, sondern nach ihrem Umsatz bezahlt werden, besteht daran ein finanzielles Interesse.Nach Erkenntnissen der Verbraucherzentralen beschädigen manche Monteure bei der Türöffnung auch bewußt die Schlösser, um so zusätzliches Zubehör zu verkaufen.Der Kunde sollte den Monteur deshalb nicht allein lassen, sondern die Arbeit überwachen. Bezahlt werden muß dann nur, wenn der Monteur das Problem auch wirklich löst.Klauseln, nach denen Lohn auch bei unvollständigen Arbeiten fällig wird, hat das Landgericht München I für unwirksam erklärt (Az: 7 ­ 13463/89).Erfolgt die Abrechnung nach der Arbeitszeit, ist es nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az: 12 O 292/97) unzulässig, im "Kleingedruckten" zu vereinbaren, daß jede angebrochene halbe Stunde voll berechnet wird. Da einige Schüsseldienste solche unzulässigen Klauseln verwenden, sollten Kunden die Rechnungen immer sorgfältig prüfen.Die Verbraucherzentralen und die Stiftung Warentest halten bei der einfachen Öffnung eines zugefallenen Schnappschlosses den Betrag von 130 Mark plus Mehrwertsteuer für angemessen. Schlüsseldienste sind auch nicht berechtigt, bei Verweigerung von Barzahlung vor Ort, eine Strafgebühr zu erheben.Eine entsprechende Klausel beurteilte das Landgericht Bremen (Az: 1 O 725/96) als rechtswidrig.Somit bleibt genug Zeit, am Tag nach der nächtlichen Türöffnung gegebenenfalls den Rat einer Verbraucherzentrale einzuholen. Ein Hinweis, der für Annemarie Wewetzer leider zu spät kommt, da in diesem Fall der Monteur direkt nach der Türöffnung bar bezahlt wurde.Auf spätere Reklamationen und den Wunsch nach weiteren Schlüsseln für den neuen Zylinder hat die ASS GmbH dann überhaupt nicht reagiert.

KAI NITSCHKE

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