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Wirtschaft: Razzia bei deutschen Stromkonzernen

EU vermutet Absprachen der großen Versorger / Findet Brüssel Beweise, werden die Firmen hart bestraft

Brüssel /Bonn - Die EU-Kommission hat erneut Geschäftsräume der deutschen Energiekonzerne durchsucht. Betroffen waren die vier großen Versorger Eon, RWE, Vattenfall Europe und Energie Baden-Württemberg (EnBW). Im Mittelpunkt der Ermittlungen stand der Stromsektor. Die EU-Kommission wirft den Unternehmen den Missbrauch ihrer Marktmacht und Kartellabsprachen vor.

Im Mai hatten die Ermittler schon einmal Strom- und Gasversorger in Europa durchsucht, darunter die deutschen Branchenschwergewichte Eon und RWE. Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte, die gestrigen Razzien seien Teil eines neuen Ermittlungsverfahrens. Präziser wurde er nicht.

Die Razzien sind Teil einer breit angelegten Untersuchung. EU-Kommissarin Kroes sieht massive Hemmnisse für neue Anbieter. Im Januar will sie einen Abschlussbericht vorlegen. Sie droht den Konzernen unter anderem mit einer Zerschlagung und will sie mit neuen Gesetzen zum Verkauf des Netzgeschäfts zwingen.

Anlass der Razzien seien Verdachtsmomente gewesen, die sich aus dieser Analyse ergeben hätten, sagte der Sprecher von Kroes. Nach Angaben aus Branchenkreisen wird den Konzernen vorgeworfen, bewusst Kraftwerkskapazität zurückzuhalten, um den Strompreis nach oben zu treiben, und die Kuppelstellen der Stromnetze an den Grenzen nicht ausreichend auszubauen. Sollten die Ermittler Beweise für Kartellverstöße finden, drohen den Firmen empfindliche Strafen. Erst jüngst hat die Kommission die maximale Strafe von zehn auf 30 Prozent des letzten Jahresumsatzes heraufgesetzt.

Bei Eon wurden nach eigenen Angaben mehrere Tochtergesellschaften der für Deutschland zuständigen Eon Energie durchsucht, bei RWE waren sowohl die Vertriebstochter RWE Energy als auch die Kraftwerksgesellschaft RWE Power und die Handelstochter RWE Trading betroffen. Bei Vattenfall Europe ermittelten EU-Kommission und Bundeskartellamt in Geschäftsräumen in Berlin und Hamburg, bei EnBW war unter anderem die Zentrale in Karlsruhe betroffen. „Wir sehen den Untersuchungen mit einem ruhigen Gewissen entgegen und unterstützen die EU-Kommission“, sagte ein RWE-Sprecher. Man warte die Entwicklung mit „der gebotenen Gelassenheit ab“ und habe sich nichts vorzuwerfen, hieß es bei EnBW. Zu Details der Razzien wollten sich die vier Konzerne nicht äußern.

Deutschland droht eine Klage aus Brüssel, weil es eine Richtlinie für mehr Wettbewerb auf den Energiemärkten nicht umsetzt. Das hat die EU-Kommission am Dienstag angekündigt. Auch Frankreich, Großbritannien und 13 andere Staaten hätten eine letzte Warnung erhalten. Die Behörde berief sich auf eine Richtlinie von 2003, die einen Binnenmarkt für Gas und Strom vorsehe. Die Länder seien bereits im April verwarnt worden. Geben sie nicht nach, kann die Kommission vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Den deutschen Energiekonzernen weht zudem ein scharferWind aus Berlin entgegen. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will das Kartellrecht verschärfen, um die Preisbildung im Stromgroßhandel kontrollieren zu können. Heute trifft er sich mit den Vorstandschefs von Eon Energie, Johannes Teyssen, und RWE Power, Jan Zilius, sowie den Chefs von Vattenfall Europe und EnBW, Klaus Rauscher und Utz Claassen, um darüber zu reden. juf/huh/HB

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