zum Hauptinhalt
Gefragt. Die Auftragsbücher von Berlins Bauunternehmen sind gut gefüllt. Foto: dpa

© dpa

Rechnungen am Bau: Öffentliche Institutionen zahlen auf den allerletzten Drücker

Die Berliner Bauwirtschaft klagt über die schlechte Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber.

Wenn der Bürger Steuern oder Bußgelder nicht fristgerecht an die Staatskasse überweist, werden schon nach kurzem Verzug zum Teil saftige Säumniszuschläge fällig. Dagegen haben private Bauunternehmen kaum Sanktionsmöglichkeiten, wenn öffentliche Auftraggeber Rechnungen für bereits erbrachte Leistungen erst viel zu spät begleichen.

„Leider sind verspätete Zahlungen bei der öffentlichen Hand keine Seltenheit“, sagt Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg (BBB). Der Verband vertritt 150 große und mittelständische Bauunternehmen in der Hauptstadtregion. „Viele Institutionen bezahlen Rechnungen erst auf den allerletzten Drücker oder mit erheblicher Verspätung.“

Rechnungen müssen innerhalb von 30 Tagen beglichen werden

Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Rechnungen für erbrachte Leistungen und vereinbarte Abschlagszahlungen am Bau innerhalb einer Frist von 30 Tagen zu begleichen. „Diese Vorgabe wird von öffentlichen Auftraggebern allerdings oft deutlich überschritten“, moniert Wunschel. Dabei seien es vor allem die Kommunen, die es mit den auch für sie geltenden Zahlungsvorschriften nicht allzu genau nähmen. Als Negativbeispiel nennt Wunschel außerdem einen Fall aus dem Gleisbau: Tiefbauunternehmen aus der Region, die im Auftrag der Bahn arbeiteten, blieben nicht nur Tage oder Wochen, sondern gleich mehrere Jahre auf den Kosten für sogenannte Nachträge sitzen. Als Nachtrag bezeichnet man in der Bauwirtschaft zusätzliche Leistungen, die über den ursprünglich erteilten Bauauftrag hinausgehen und sich erst im Laufe eines Projektes ergeben.

Vor allem für den Mittelstand haben Zahlungssäumnisse Konsequenzen

Das Nachsehen haben die Bauunternehmen – vor allem die Mittelständler. Bereits eingeplante Mittel stehen durch offene Rechnungen schlichtweg nicht mehr zur Verfügung. „Für einige Firmen kann es schon dramatisch sein, wenn sie lange auf ihr Geld warten müssen“, sagt Wunschel. Im Gegensatz zu Verträgen mit Privatleuten sei es bei Projekten mit öffentlichen Auftraggebern schwierig, dem Zahlungsgebaren mithilfe von Sanktionen auf die Sprünge zu helfen, sagt BBB-Verbandspräsident Marcus Becker. Bei säumigen Privatkunden könnten Bauunternehmen beispielsweise auf die Bauhandwerkersicherungshypothek zurückgreifen: Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) können Bauhandwerker die Eintragung einer Sicherungshypothek am Grundstück des Auftraggebers für Forderungen aus dem Bauvertrag verlangen. „Als Unternehmer kann man bei Zahlungsverzug des Kunden aber auch einfach die Arbeiten auf der Baustelle einstellen“, sagt Becker. Was bei privaten Bauherren in der Regel hervorragend als Druckmittel funktioniere, sei bei öffentlichen Kunden allerdings schwierig. Laut BBB-Verbandspräsident Becker ist die schwache Zahlungsmoral staatlicher Auftraggeber in manchen Bereichen der Bauindustrie auch mit der Existenz von Monopolen verbunden. „Gegen sie kann man sich in der Regel nur sehr schwer zur Wehr setzen“, sagt er.

Zur Startseite