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RECHTS Frage: an Ulrich Schellenberg Rechtsanwalt und Notar

Wie fechte ich Schenkungen an?

Nach dem Tod meiner Mutter hat mein Vater aufgrund eines Berliner Testaments den Nachlass nach meiner Mutter allein geerbt. Ich bin – als einziger Sohn – als Schlusserbe in dem Testament eingesetzt. Mein Vater hat in der Zwischenzeit nochmals geheiratet und ist nun vor Kurzem ebenfalls verstorben. Er hat mir so gut wie nichts hinterlassen, da er vor zwölf Jahren sowohl sein Einfamilienhaus als auch weiteres Vermögens seiner zweiten Ehefrau geschenkt hat. Ist die Schenkung nach über zehn Jahren überhaupt noch anfechtbar? Welche Erbschaftssteuer würde anfallen, wenn die zweite Ehefrau, die kinderlos ist, mich als ihren Stiefsohn – zumindest teilweise – als Erben einsetzen würde?

Trotz der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes, das Sie nach dem Tod Ihres Vaters als Alleinerben ausweist und das nach dem Tod Ihrer Mutter durch Ihren Vater auch nicht mehr abgeändert werden konnte, war Ihr Vater zu Lebzeiten über die Verfügung seines Vermögens frei. Eine Anfechtung der Schenkungen durch Sie scheidet also unabhängig von der vergangenen Zeit aus.

Eine andere Frage ist allerdings, ob Sie gegen die zweite Ehefrau einen Anspruch geltend machen können, dass die übertragenen Vermögenswerte an Sie herausgegeben werden müssen. Dieser Herausgabeanspruch besteht aber nur dann, wenn die Schenkung durch Ihren Vater in der Absicht vorgenommen wurde, Sie zu beeinträchtigen.

Die Gerichte orientieren sich dabei nicht an den subjektiven Vorstellungen des Schenkers, sondern wägen nach objektiven Kriterien ab, ob eine Umgehung der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testamentes vorliegt. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob Ihr Vater zu Lebzeiten ein objektiv nachvollziehbares Eigeninteresse an der Schenkung zugunsten seiner zweiten Ehefrau hatte. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalles genau zu prüfen.

Man muss also zunächst die Gründe für die Schenkung ermitteln und diese dann daraufhin überprüfen, ob sie auch in Kenntnis Ihrer Schlusserbeneinsetzung anerkennenswert sind. Das ist dann der Fall, wenn die zweite Ehefrau Ihres Vaters diesem besondere Zusagen hinsichtlich der Fürsorge und Pflege im Alter gemacht hat oder andere Opfer für Ihren Vater erbracht hat, die eine Schenkung rechtfertigen können. Der Bundesgerichtshof hat dies gerade im Verhältnis zur zweiten Ehefrau dann bejaht, wenn sich der Schenker eine Verbesserung der persönlichen Fürsorge versprochen hat. Selbst wenn ein Herausgabeanspruch besteht, ist in Ihrem Fall zu beachten, dass der zweiten Ehefrau Ihres Vaters ein Pflichtteilsanspruch zusteht, der von den erlangten Schenkungen auf jeden Fall in Abzug gebracht werden darf.

Als Stiefkind können Sie im Verhältnis zur Ehefrau Ihres Vaters denselben Freibetrag in Anspruch nehmen, den auch ein Kind in Anspruch nehmen kann. In Ihrem Fall sind es 400 000 Euro. Foto: Mike Wolff

an Ulrich Schellenberg

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