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RECHTS Frage: an Ulrich Theil Deutsche Rentenversicherung Bund

Witwenrente auch bei kurzer Ehe?

Erst vor drei Monaten habe ich meinen langjährigen Lebensgefährten geheiratet. Er wollte eben auch, dass ich gut versorgt bin. Jetzt hatte er plötzlich einen schweren Verkehrsunfall mit seinem Fahrrad: Er ist noch am Unfallort verstorben. Ich will jetzt eine Witwenrente beantragen, habe aber im Bekanntenkreis gehört, ich hätte gar keinen Rentenanspruch, weil wir viel zu kurz verheiratet waren. Stimmt das?

Sie selbst brauchen sich im Hinblick auf die kurze Ehedauer keine Sorgen zu machen, da Ihr Ehegatte unvorhergesehen durch einen Unfall verstorben ist. Stellen Sie unbesorgt Ihren Witwenrentenantrag.

Dennoch ist das, was Sie gehört haben, nicht falsch: Es besteht nämlich grundsätzlich kein Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente bei einer Heirat ab dem 1. Januar 2002, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. Der Gesetzgeber wollte damit – ähnlich den Regelungen in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Beamtenversorgung – den Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus einer sogenannten „Versorgungsehe“ ausschließen.

Als Versorgungsehe wird in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Ehe bezeichnet, in der ein Ehegatte bereits im ersten Jahr nach der Hochzeit verstirbt. In diesen Fällen wird vom Gesetzgeber grundsätzlich zunächst unterstellt, dass es alleiniger oder zumindest überwiegender Zweck der Heirat war, dem überlebenden Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zukommen zu lassen. Daher besteht bei Ehen, die ab Januar 2002 geschlossen wurden, erst dann ein Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehezeit mindestens ein Jahr betragen hat. Waren die Ehegatten bereits mehrfach miteinander verheiratet, ist allein die letzte Ehe zu betrachten.

Diese gesetzliche Vermutung kann jedoch im Einzelfall widerlegt werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Ehegatte durch ein unvorhergesehenes Ereignis verstorben ist, also beispielsweise wie in Ihrem Fall durch einen (Verkehrs-)Unfall. Auch ein gemeinsames minderjähriges Kind kann gegen eine Versorgungsehe sprechen. Gleiches gilt, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht absehbar war, dass eine vorhandene Krankheit zum Tod führen würde. Wie Sie sehen, gibt es keine pauschale Betrachtung. Maßgebend sind stets die Umstände des Einzelfalles.

Entscheidend ist letztendlich, ob der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente für die Ehegatten alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war. Alle Gründe, die gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe sprechen, prüft der Rentenversicherungsträger von sich aus während des Rentenverfahrens. Ergeben die Ermittlungen allerdings, dass keine Anhaltspunkte vorhanden sind, die gegen eine Ehe aus überwiegenden oder alleinigen Versorgungsgründen sprechen, muss der überlebende Ehegatte die gesetzliche Vermutung widerlegen. Entsprechendes Recht gilt auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften. Foto: Thilo Rückeis

an Ulrich Theil

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