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Wirtschaft: Rechtsschutzversicherer warnen vor Kostenlawine

Neues Gebührenrecht für Anwälte und Gerichte belastet Bürger mit über einer Milliarde Euro / Ministerium: Erhöhungen moderat

Berlin (hej). Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten werden künftig deutlich teurer. Das ergibt sich aus dem Entwurf des „Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes“, das zum 1. Juli kommenden Jahres in Kraft treten soll. Das Gesetz hebt die Vergütung von Rechtsanwälten, Sachverständigen und Dolmetschern an und enthält neue Kostenregeln für die Gerichte. „Auf die Bürger kommen Erhöhungen von einer Milliarde Euro und mehr zu“, sagte der Sprecher der AragRechtsschutzversicherung, Klaus Heiermann, am Donnerstag dem Tagesspiegel. Im Zivilrecht beliefen sich die Kostensteigerungen auf mehr als 20 Prozent. Das werde auch Konsequenzen für die Rechtsschutzversicherten haben: „Selbstverständlich werden wir unsere Prämien erhöhen müssen“, kündigte Heiermann an. Allerdings dürften die Anhebungen voraussichtlich stufenweise erfolgen.

Der Entwurf des neuen Kostenrechts, den Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) kürzlich vorgelegt hatte, sieht folgende Neuerungen vor:

Die Rechtsanwaltsvergütungen, die seit dem 1. Juli 1994 nicht mehr gestiegen sind, werden um 14 Prozent erhöht. Die Bundesrechtsanwaltsgebührenverordnung (Brago) wird durch ein modernisiertes Anwaltsvergütungsrecht abgelöst.

Außergerichtliche Einigungen sollen unterstützt werden. Ab Mitte 2006 können die Mandanten mit den Anwälten die Gebühren hierfür frei aushandeln.

Die Rechtsanwaltskosten für einvernehmliche Scheidungen und Bagatell-Bußgeldverfahren sollen sinken, die Anwaltsgebühren bei Strafverfahren werden teurer.

Der bisherige Abschlag von zehn Prozent zu Lasten der ostdeutschen Anwälte entfällt.

Die Entschädigungen für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer sollen sich nach Honorargruppen mit festen Stundensätzen richten und sich an den in der Wirtschaft üblichen Entgelten orientieren.

Die Gerichtsgebühren sollen vereinheitlicht werden. Für alle gerichtlichen Verfahren soll eine einheitliche Kostenstruktur gelten, die sich nach dem Streitwert richtet. Einvernehmliche Streiterledigungen werden mit einer Gebührenreduzierung belohnt.

„Die außergerichtliche Einigung wird belohnt“, sagt der Sprecher des Bundesjustizministeriums, Ulf Gerder. Im Gegenzug würden jedoch die Gebühren der Amts- und Landgerichte steigen. Von „eklatanten Kostensteigerungen“ könne aber keine Rede sein. Das sehen auch die Anwälte so. Vor dem Hintergrund, dass sie seit neun Jahren ohne Gebührenerhöhung arbeiten, sei die geplante Anhebung ein „bescheidener Schritt in die richtige Richtung“, erklärten der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer. Beide Vereinigungen hatten bereits im Vorfeld an dem Entwurf mitgearbeitet, auch die CDU war an der Konzeption beteiligt.

Nun sind die Länder am Zug. Das Gebührenrecht ist zustimmungspflichtig. Dennoch erhoffen sich die Rechtsschutzversicherer vom Bundesrat keine Hilfe. Im Gegenteil: Sie fürchten, dass die Länder mit eigenen Erhöhungswünschen das Paket noch verteuern werden. Aus Sicht der Versicherer müsste der Entwurf dagegen entschärft werden. Ein Beispiel: Bemüht sich ein Anwalt vergeblich um eine außergerichtliche Einigung und kommt es doch zu einem Prozess, werden die Gebühren für die außergerichtliche Beratung und Betreuung derzeit zu 100 Prozent auf die dann anfallenden Anwaltskosten angerechnet. Künftig sollen 50 Prozent der Anwaltsgebühren anrechnungsfrei sein. Arag-Sprecher Heiermann befürchtet, dass das eine neue Prozesslawine auslösen könnte: „Die Gerichte werden zusätzlich belastet“.

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