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Hersteller von Elektrogeräten müssen angeben, wie hoch der Energieverbrauch ihrer Maschinen ist.

© dpa

Rechtsstreit um Stromverbrauch bei Staubsaugern: Gericht weist Eilantrag von Staubsaugerhersteller Dyson zurück

EU-Label sollen Verbrauchern eigentlich Orientierung beim Kauf von Elektrogeräten bieten. Aber wie gut sie wirklich helfen, Strom und damit auch Geld zu sparen, ist umstritten.

Stromfresser - nein danke! Energieeffizienz ist vielen Verbrauchern heute bei der Anschaffung von Kühlschränken, Waschmaschinen, Geschirrspülern & Co. wichtig. Beim Neukauf achten sie deshalb auf die farbigen Aufkleber mit Angaben zum Stromverbrauch - und greifen für vermeintlich sparsame Geräte auch tiefer ins Portemonnaie. Doch halten die Geräte wirklich, was auf den Labels versprochen wird? Experten sehen einigen Verbesserungsbedarf. Zwei große Staubsauger-Hersteller streiten über das Thema: Die britische Firma Dyson und die Bosch-Tochter BSH Hausgeräte.

Worum geht es in dem Streit zwischen BSH und Dyson?

Dyson wirft BSH vor, bei einem bestimmten Staubsauger-Modell falsche Angaben zum Stromverbrauch zu machen, was BSH strikt zurückweist. Dyson, selbst Hersteller beutelloser Staubsauger, fühlt sich durch die geltende EU-Prüfrichtlinie diskriminiert: Die betroffenen BSH-Geräte würden nur bei leerem Beutel getestet, doch steige der Stromverbrauch mit dem Füllstand des Beutels. Die höchste Effizienzklasse für die Geräte sei deshalb nicht gerechtfertigt - und der Verbraucher werde in die Irre geführt. BSH dagegen sieht sich mit den EU-Vorgaben im Einklang - und ist selbst in Großbritannien vor Gericht gezogen.

Was hat das Berliner Landgericht entschieden?

Dyson hatte vor dem Landgericht Berlin eine Einstweilige Verfügung gegen BSH beantragt und wollte erreichen, dass der Konkurrent seine Geräte nicht mehr in der bisherigen Form vermarkten darf. Die Richter wiesen den Eilantrag ab, weil die Sache nicht dringlich sei. Eine Berufung ist möglich, ob ein Hauptverfahren folgt, noch unklar. Auch an weiteren Fronten kämpfen die Briten, hatten sich bisher aber weder vor einem niederländischen Gericht noch vor dem EU-Gericht in Luxemburg mit ihren Auffassungen durchgesetzt.

Welche Effizienzklassen gibt es überhaupt und was sagen sie aus?

Die Effizienzklassen werden auf Etiketten mit Buchstaben angegeben: A steht für die sparsamsten Geräte, G für die größten Stromfresser. Weil die Geräte mit dem technischen Fortschritt in den vergangenen Jahren aber immer effizienter wurden, ist ein großer Teil mittlerweile in den obersten Klassen angesiedelt. Zur besseren Unterscheidung sollen deshalb Kategorien bis hin zur Bestnote A+++ dienen. Auf den Aufklebern informieren die Hersteller die Kunden aber auch beispielsweise darüber, wie viel Wasser eine Waschmaschine verbraucht oder wie gut der Geschirrspüler trocknet. Bei Staubsaugern gibt es auch eine Bestnote AAAA - je ein A für Energieeffizienz, Teppichreinigung, Hartbodenreinigung und Staubemission.

Wie ist der Diskussionsstand auf EU-Ebene?

Die Schwächen sind erkannt, deshalb bemüht sich die EU um eine Reform der Energiekennzeichnung. Vergangene Woche hatten sich die Minister auf Grundzüge einer Neufassung geeinigt. Eine Idee dabei: Die besten ein oder zwei Energieeffizienz-Klassen sollen künftig frei gelassen werden, um Raum für technische Verbesserungen zu lassen. Bis die Neuerungen greifen, wird es aber noch dauern. Erst müssen sich die Staaten mit dem EU-Parlament einigen und Details ausgetüftelt werden.

Was halten Verbraucherschützer vom EU-Label und was fordern sie?

Kennzeichnungen ja gerne - aber bitte besser und transparenter als zurzeit, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Reformanstrengungen der EU seien zu begrüßen, doch dauere der Prozess zu lange, sagt Expertin Johanna Kardel. Auch sollten Testverfahren praxisnäher gestaltet werden - das sei selbst für Staubsauger möglich. Ähnlich argumentiert Holger Brackemann von der Stiftung Warentest: Seit Jahren prüfe man Staubsauger mit leerem und gefülltem Beutel - mit Normstaub und klar definierten Füllmengen. Dabei kämen sehr wohl vergleichbare Ergebnisse heraus.

Sind praxisferne Tests auch bei anderen Geräten ein Problem?

Ja, sagt Brackemann. Bei Fernsehern etwa wird der Stromverbrauch anhand der relativ dunklen Bildeinstellung ab Werk gemessen. Wird das Gerät zu Hause heller gestellt, steige der Stromverbrauch deutlich. Und bei Kühl- und Gefrierschränken werde nicht getestet, wie viel Strom beim Einlagern von warmen Lebensmitteln verbraucht wird. „Das entspricht nicht der Lebenswirklichkeit“, bemängelt der Experte. Deshalb sollte das ganze System verbessert werden. „Wir brauchen beides: Ein übersichtliches Label ohne die ganzen Plus-Klassen und realitätsnähere Testbedingungen.“

Das Thema hat auch die deutsche Politik auf den Plan gerufen - warum?

Durch den VW-Skandal um manipulierte Abgastests hat das Thema an Aktualität gewonnen: Grünen-Abgeordnete Renate Künast wollte kürzlich von der Bundesregierung wissen, ob sich Elektrogeräte im Testbetrieb anders verhalten als bei normaler Nutzung. Die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums: Man könne nicht ausschließen, dass es bei den Hersteller-Angaben zum Energieverbrauch „in Einzelfällen auch zu Manipulationen kommt“. Nun sollen über die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung eigene Labortests in Auftrag geben werden. Ziel dabei ist auch, die Prüfmethoden zu verbessern.

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