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Wirtschaft: Reform der Unternehmensteuern vor dem Aus

SPD und Union erwarten nicht, dass es bis zur Vertrauensfrage des Kanzlers zu einer Einigung kommt

Berlin Der Plan, die Körperschaftsteuer zu senken und Unternehmenserben von der Erbschaftsteuer zu befreien – wie es Bundeskanzler Gerhard Schröder mit der Union auf dem Jobgipfel vereinbart hatte –, wird voraussichtlich nicht mehr umgesetzt. Die führenden Finanzpolitiker von SPD- und Unionsfraktion, Joachim Poß und Michael Meister (CDU), waren sich am Donnerstag zum Auftakt der Beratungen im Bundestag nur in einem Punkt einig: „Ich glaube nicht mehr an eine Einigung vor der Wahl“, sagten beide dem „Handelsblatt“. Die Schuld dafür gaben sie der jeweils anderen Seite. Poß sagte auch, dass es nach wie vor bei SPD und Grünen Beratungsbedarf gebe.

Umstritten ist die Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform. Die Reform sieht vor, dass die Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften von 25 auf 19 Prozent gesenkt wird. Zudem soll Firmenerben die Erbschaftsteuer erlassen werden, wenn sie den Betrieb mehr als zehn Jahre weiter führen. Die Union akzeptiert jedoch nur die Hälfte der Gegenfinanzierungsvorschläge von Finanzminister Hans Eichel (SPD). Er will die 5,2 Milliarden Euro Einnahmeausfall bei der Körperschaftsteuer größtenteils durch die Abschaffung von Steuersparfonds finanzieren. Zudem erwartet er 2,2 Milliarden Euro Mehreinnahmen, weil Firmen ihre Gewinne nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ins Ausland verschieben würden. Die Union, aber auch Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel, halten diese Summe für zu optimistisch kalkuliert.

Um den Streit in der Koalition zu beenden, verständigte sich Scheel mit den SPD-Finanzpolitikern darauf, die Dividendensteuer zu erhöhen: Nicht mehr 50 Prozent, sondern 63 Prozent des ausgeschütteten Gewinns sollen besteuert werden. Eichel nannte eine höhere Dividendenbesteuerung akzeptabel. Wenn ein Unternehmen ein Viertel weniger Körperschaftsteuer zahlt, kann es einen höheren Gewinn ausschütten. Wenn der dann zu 63 Prozent besteuert wird, zahlt der Aktionär unterm Strich genauso viel Steuern wie bisher. Um den Grünen entgegen zu kommen, erwägen die SPD-Finanzpolitiker jetzt auch, ob sie Ausschüttungen von Tochterfirmen an die Muttergesellschaft zu zehn Prozent besteuern wollen statt zu fünf Prozent. Das wäre jedoch eine zusätzliche Belastung für Unternehmen. „Es ist eine Verständigung darüber, wie wir wieder ins Gespräch über die Gegenfinanzierung kommen, mehr nicht“, hieß es in der SPD-Fraktion. „Wir kommen uns näher“, sagte Scheel, die ebenfalls das Wort „Einigung“ vermied.

Meister sagte, dass sich CDU und CSU darauf einrichteten, nach dem 1. Juli, dem Tag der Vertrauensfrage des Kanzlers, zu entscheiden, wie sie im Falle eines Wahlsiegs im Herbst mit den Jobgipfel-Beschlüssen umgehen wollen. Die Union sei durchaus bereit, 63 Prozent Dividendenbesteuerung mit zu tragen, sagte er. Allerdings müssten mit der Hälfte dieser Mehreinnahmen die Länder entschädigt werden – für die fehlenden Einnahmen aus der Erbschaftsteuer. dri (HB)

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