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Wirtschaft: Regulierungsaufhebung: "Es gibt keinen Wettbewerb beim Telefonieren"

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) hat die Entscheidung der Regulierungsbehörde, die Tarife der Deutschen Telekom für Ferngespräche in die Türkei nicht mehr zu regulieren, hart kritisiert. Die Telekom darf die Tarife für Gespräche in die Türkei jetzt selbst festsetzen.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) hat die Entscheidung der Regulierungsbehörde, die Tarife der Deutschen Telekom für Ferngespräche in die Türkei nicht mehr zu regulieren, hart kritisiert. Die Telekom darf die Tarife für Gespräche in die Türkei jetzt selbst festsetzen. Die Telekom habe bei Ferngesprächen in die Türkei mit einem Marktanteil von über 33 Prozent eine marktbeherrschende Stellung, sagte VATM-Präsident Joachim Dreyer. Deshalb könne von einem funktionierenden Wettbewerb auf diesem Teilmarkt keine Rede sein.

Möglichkeiten zum Dumping

Zwar begrüßte der VATM, in dem viele neue Konkurrenten der Telekom zusammengeschlossen sind, die Entscheidung der Regulierungsbehörde, die Preisregulierung der Telefongespräche nach Dänemark und in die USA nicht aufzuheben, aber dies zeige auch die Inkonsistenz der Entscheidung des neuen Behördenchefs Matthias Kurth. Die Regulierungsbehörde hatte am Vortag dazu eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen, ob und wie der Telekommunikationsmarkt in einzelne Teilmärkte zerlegt werden kann. Doch die Behörde habe ja bereits eine Entscheidung gefällt.

"Es gibt keine Argumente dafür, Regionalmärkte zu definieren, es sei denn, man wünscht eine sehr komplexe Regulierung in Verbindung mit Marktzersplitterung seitens der Politik", sagte Paul Welfens, Professor für europäische Wirtschaftsintegration an der Universität Potsdam. Er hat im Auftrag des VATM eines von zwei Gutachten zum Thema Marktabgrenzung und Marktbeherrschung erstellt. Die Experten warnen davor, "die Anfangserfolge der Wettbewerbsintensivierung durch verfrühte Deregulierung zu verspielen". Die Telekom habe immer noch eine marktbeherrschende Stellung mit allein 98,5 Prozent Marktanteil im Ortsnetz und allen Möglichkeiten zum Dumping. Deshalb müsse der Markt als Ganzes betrachtet werden. Die Aufsplitterung in Teilmärkte erschwere die Aufsicht.

Der Verbandschef forderte die Behörde auf, ein besonderes Augenmerk auf die neuen gebündelten Angebote der Deutschen Telekom zu werfen. So seien bei einem Tarif Gespräche am Sonntag für die Kunden kostenlos. Dies hält der Verband für einen eindeutigen Fall von Quersubventionierung. Auch bei der Rücknahme der Flatrate (Internetpauschaltarif) habe die Telekom dokumentiert, wie rücksichtslos sie ihre Marktmacht gebrauche. Mit der Freigabe der Ferngespräche in die Türkei habe der ehemalige Staatsmonopolist wiederum die Möglichkeiten, derartige Praktiken auszuweiten. Zudem würden durch die Bündelangebote kleinere Anbieter, die gerade den Wettbewerb belebt hätten, wieder aus dem Markt gedrängt, kritisiert der Verband.

Planungssicherheit für Wettbewerber

Wegen der Marktmacht der Telekom müsse die Preisregulierung entsprechend der Gesetzesvorschriften aufrecht erhalten werden, hieß es. Die Konkurrenten der Telekom bräuchten Planungssicherheit für ihre Investitionen. Sollte diese durch die Entscheidungen der Regulierungsbehörde nicht gewährleistet sein, drohe ein Rückzug der Unternehmen vom deutschen Markt.

"Hier ist kein Tummelfeld für Experimente", sagte Hermann-Josef Bunte, von der Universität der Bundeswehr in Hamburg, der das zweite Gutachten vorlegte. Die Konkurrenten der Telekom planen nach Angaben des VATM in diesem Jahr mit 6,5 Milliarden Mark zusammen höhere Investitionen ins deutsche Festnetz als die Deutsche Telekom.

mwb

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