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Wirtschaft: Reiche Saudis auf Jobsuche

Yehia al-Shahari steht in dem fensterlosen Raum an der großen, silbernen Spülmaschine. Sie ist gerade abgelaufen.

Yehia al-Shahari steht in dem fensterlosen Raum an der großen, silbernen Spülmaschine. Sie ist gerade abgelaufen. Der 19jährige Saudi öffnet die Tür und räumt die weißen Teller und Tassen auf einen Wagen. Dann sortiert er schnell das dreckige Geschirr ein, das ein Kollege gerade aus dem Früstücksraum hereinbringt. Yehia al-Shahari arbeitet seit sechs Monaten als Tellerwäscher in der Küche des vornehmen Crown-Plaza-Hotels an der Corniche in Jeddah. Dafür hat er sein traditionelles weißes Gewand, auf das die Saudi-Arabier so stolz sind, abgelegt und trägt eine schwarz-weiß-karierte Küchenuniform. Die Anweisungen gibt hier der pakistanische Spülküchenchef.

Yehia ist ein Pionier. Gezwungenermaßen. Denn immer mehr junge Saudis müssen aus wirtschaftlichen Gründen einen Job annehmen. Die Zeiten, wo die Familie junge Männer mit durchfüttern konnte, sind auch in Saudi-Arabien teilweise vorbei. Bei einem Bevölkerungswachstum von 3,8 Prozent ist etwa die Hälfte der Bevölkerung unter 20 Jahre alt. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, nach Schätzungen liegt die Rate bei etwa 30 Prozent, bei jungen Männern noch höher. Dennoch werden weiterhin ausländische Arbeitskräfte ins Land gebracht, 17 Millionen Saudis stehen sechs Millionen Ausländer gegenüber.

Sie werden trotz aller staatlichen Bemühungen, Arbeitsplätze mit saudischen Staatsbürgern zu besetzen, weiterhin gebraucht. Einmal wegen der mentalen Hindernisse. So finden sich in Autowerkstätten, am Fließband oder in Hotelküchen kaum Saudis. Interne Aufstellungen ausländischer Unternehmen zeigen, dass beispielsweise von 1000 Tischlern nur neun Saudis sind. Unter etwa 500 Fliesenlegern fand sich nur ein saudischer Handwerker. Auch Yehia berichtet, dass er in den vergangenen sechs Monaten in der Küche des Crown-Plaza-Hotels mehrere Saudis traf, die ihre Arbeit in der Spülküche nach nur zwei Tagen indigniert wieder hinwarfen. Saudis wollen am liebsten in einem Büro sitzen und Visitenkarten verteilen, berichten viele ausländische Unternehmer. So arbeiten die meisten Saudis denn auch in der staatlichen Verwaltung.

Die saudischen Behörden haben das Problem erkannt. Die Einnahmen aus dem Erdöl sind endlich und reichen schon jetzt nicht mehr aus, die saudische Bevölkerung mit Arbeit und Löhnen zu versorgen. So plant der neugegründete Fonds für die Förderung von Arbeitskräften (human resources development fund) eine breite Anzeigenkampagne, in der auch manuelle und niedere Arbeiten als respektierlich für Saudis präsentiert werden sollen.

Per Dekret hat die Regierung bereits bestimmte Berufszweige saudisiert. So dürfen im Gemüsehandel nur noch Saudis arbeiten. In der Gold- und Juwellierbranche musste das Saudisierungsdekret zunächst für fünf Jahre wieder ausgesetzt werden: Die zahlreichen jemenitischen Schmuckhändler drohten mit ihren Investitionen und Arbeitsplätzen das Land zu verlassen, die Lücke konnte nicht gefüllt werden.

Der Leiter des Fonds zur Förderung von Arbeitskräften, Mohammed al-Sahlawi, gibt zu, dass die Bemühungen um Saudisierung im privaten Sektor bisher völlig erfolglos waren. Das liegt neben der Geringschätzung bestimmter Arbeiten auch an der mangelhaften Ausbildung vieler Saudis. Das andere Problem ist, dass Saudis nicht für den gleichen Lohn wie ein pakstianischer oder indischer Gastarbeiter arbeiten wollen. Al-Sahlawi selbst erklärt, dass eine saudische Sekretärin niemals für die 1000 Rial (250 Dollar) monatlich arbeiten würde, die beispielsweise eine Inderin verdient. Es müsste schon das Doppelte sein. Diese beiden Probleme will die neue Behörde angehen: Einmal soll Privatunternehmen die Einstellung und Ausbildung junger Saudis durch finanzielle Beihilfen schmackhaft gemacht werden. Dann sollen die jungen Angestellten sich so unentbehrlich für das Unternehmen gemacht haben, dass sie nicht durch billigere ausländische Arbeitskräfte ersetzt werden. Gleichzeitig hat die saudische Regierung Quoten für Privatunternehmen eingeführt. Größere Firmen müssen 30 Prozent ihrer Arbeitsplätze mit saudischen Staatsbürgern besetzen.

Doch so viele qualifizierte Fach- und Führungskräfte bietet der saudische Markt nicht, wo es kaum Berufsschulen gibt. Deutsche Unternehmer wollen darum ein deutsch-saudisches Berufsausbildungszentrum schaffen. Hier sollen zunächst Elektriker und Automechaniker ausgebildet werden. Die deutschen Firmen garantieren den Absolventen eine Übernahme in ihren Betrieben. Die Idee ist, dass diese Investition in Ausbildung den Firmen auf ihre Quote angerechnet wird. Das erste Zentrum soll zum Jahresende starten.

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