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Wirtschaft: Reisegeschäft im Internet: World Wide Weg

Jutta Zedelmaier hat keine Angst vor den negativen Folgen des Internets. Mit Genugtuung beobachtet die passionierte Reisebüro-Unternehmerin und ehemalige Präsidentin des Bundesverbandes mittelständischer Reiseunternehmen (asr), dass die Kundschaft den klassischen Reisevermittlern treu bleibt.

Jutta Zedelmaier hat keine Angst vor den negativen Folgen des Internets. Mit Genugtuung beobachtet die passionierte Reisebüro-Unternehmerin und ehemalige Präsidentin des Bundesverbandes mittelständischer Reiseunternehmen (asr), dass die Kundschaft den klassischen Reisevermittlern treu bleibt. Dabei hatten viele den Reisebüros im Zeitalter des E-Commerce den sicheren Untergang prophezeit.

An die schnelle Mark im Online-Geschäft glaubt die Reisebranche mittlerweile aber selbst nicht mehr. Wohin man auch schaut - die Zahlen bleiben weit hinter den Plangrößen zurück. Nur ein Prozent aller Reise-Buchungen läuft hier zu Lande über das Netz. Veranstalter und Fluggesellschaften, die den Markt gut zur Hälfte kontrollieren, brauchen einen langen Atem. Aber das Warten lohnt sich, schließlich ist der Ticketverkauf über das Netz für die meisten Airlines bis zu vier Mal billiger.

Wie sehr sich die Deutschen zieren, am Schirm ihre "schönsten Wochen" im Jahr zu buchen, zeigt auch eine Untersuchung der Nürnberger Gesellschaft für Konsum-, Markt und Absatzforschung (GfK). Demnach entfallen vom gesamten Online-Geschäft lediglich vier Prozent auf das Buchen von Reisen. Nicht nur die Angst, dem Internet die Kreditkarten-Nummer anzuvertrauen, erklärt die Zurückhaltung der Deutschen. "Das gute Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, stellt sich nicht ein", sagt Melanie Schacker vom Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalterverband (DRV). Außerdem vermisse die Kundschaft die notwendige Neutralität. Vor allem aber ist das Netz für exklusive Reisen oder Trips von der Stange noch nicht ausreichend gerüstet. Deshalb feilen die Strategen der großen Konzerne wie Preussag mit TUI oder Lufthansa und Karstadt mit Condor & Neckermann zurzeit an der Nutzerfreundlichkeit ihrer Web-Seiten.

Doch nicht nur der Service sondern auch der Preis muss stimmen. Die Situation der meisten Online-Reisehändler lässt großartige Preisnachlässe, die die Kundschaft im Internet erwartet, aber nicht zu. Das erklärt, warum Reisebüros teilweise wieder stärkeren Zulauf bekommen. Außerdem haben die Reisevermittler dazugelernt und sich auf eine durchweg besser informierte Kundschaft eingestellt. Der Markt teilt sich - in die Agenturen, die auf Beratung setzen, und die, die ohne großartigen Personalaufwand reine Billigangebote weiterreichen.

Für die Billiganbieter freilich kann es noch eng werden. Denn Reiseprodukte sind für den Verkauf übers Netz geardezu prädestiniert. Weder Lagerhaltung noch Logisitik sind nötig. Und auch die Umsatzgrößenordnungen, für die Rentabilität im E-Commerce entscheidend, stimmen in der Regel. Nicht von ungefähr wetteifern Fluggesellschaften untereinander und mit virtuellen Reisebüros im Internet um den besten Auftritt. Dass die Umsätze selbst bei den einfachen Ticketverkäufen bisher immer noch sehr bescheiden sind, irritiert die Vertriebsspezialisten nicht weiter. Umfangreiche Investitionsvorhaben beweisen, dass Insider dies alles nur unter Anlaufschwierigkeiten abbuchen.

Als reine Umstellungsformalität bewerten einschlägige Marktforschungsinstitute wie Phocuswhright oder Forrester Research die auffällige Scheu der Deutschen vor der Urlaubsplanung am Bildschirm. Die Fachleute prognostizieren eine Verdreifachung der Online-Umsätze im europäischen Reisegeschäft innerhalb von nur zwei Jahren. Aber auch damit läge der Anteil der Online-Abschlüsse immer noch deutlich unter fünf Prozent des Marktes.

Die verstärkten Aktivitäten ausländischer Reiseunternehmen in Deutschland, wie etwa die des Marktführers unter den US-Online-Reisebüros Travelocity oder auch des britischen Fernseh-Reisekanals TV Travel Shop belegen indes, dass man sich vom größten europäischen Reisemarkt mehr verspricht. Überhaupt könnte das Medium Fernsehen als zusätzlicher Vertriebskanal - zumindest in einer Übergangszeit - dem Internet die Schau stehlen. Mit der Fernbedienung in die weite Welt. Ein Fernseher ist nicht nur in jedem Haushalt vorhanden, das Medium gilt auch als sinnlicher und emotionaler als das Netz und ist mithin besser geeignet, die Menschen anzusprechen. Schon heute werden auf TM3 täglich Reisen angeboten, seit zehn Wochen wirbt C&N über den privaten Reise- und Touristikkanal Via1-Schöner Reisen und die Preussag-Tochter TUI wird demnächst zusammen mit dem deutschen Ableger des britischen Reisekanals TV Travel Shop auf Sendung gehen.

Überhaupt orientiert sich die Branche gern am angelsächsischen Modell, wo Teleshopping-Programme und Home-Order-TV seit langem ein Erfolg sind. Heute bestellen in Deutschland nur zwei Prozent der Zuschauer via TV, in Großbritannien bereits 20 Prozent.

Martina Ohm

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