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Warten ist das Los des Reisenden. Auch bei Fernbussen streikt mal der Motor, verliert der Reifen mal Luft. Dann haben die Fahrgäste ein Problem.

© Thilo Rückeis

Reisen wird immer billiger: Fernbusse - kein Ende der Preisschlacht

Fernbusse sind im Trend: Fast alle Anbieter locken mit einem breiten Streckennetz, günstigen Preisen und Komfort in den Bussen. Dennoch sollten Kunden die Angebote genau vergleichen.

Unschlagbar günstig sind die Preise der Fernbusunternehmen: Berlin–Köln – ab 15 Euro. Berlin–Hamburg – schon ab 6,90 Euro. Für die zahlende Kundschaft klingt das toll. Für die Konkurrenten der Fernbusunternehmen nicht. Ob die Deutsche Bahn oder die Billigflieger – sie tun sich schwer, bei den Preisen der Bus-Betreiber mitzuhalten. Doch auch für einige Unternehmen aus der Branche selbst könnten die extremen Niedrigpreise bald zum Problem werden.

Bis die Bundesregierung Anfang 2013 den Markt liberalisierte, gab es aus historischen Gründen nur Fernverkehr von und nach Berlin. Seither dürfen Unternehmen uneingeschränkt Linien anbieten, es bedarf nur einer kleinen Genehmigung. Seitdem wächst der Markt ununterbrochen. „Wir verzeichnen seit geraumer Zeit kontinuierlich Fahrgastzuwächse“, sagt Katharina Fliß von Flixbus.

Flixbus ist nach Mein Fernbus der zweitgrößte Anbieter auf dem deutschen Markt. Im vergangenen Jahr haben mindestens neun Millionen Menschen das Angebot der Fernbusse genutzt. 2014 könnten es doppelt so viele werden, schätzt der Bundesverband der Omnibusunternehmer BDO. „Auch weiterhin steckt in dem Markt viel Potenzial“, sagt Weert Canzler, Verkehrsexperte am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin. Die Anbieter liefern sich einen erbitterten Kampf um Marktanteile. Es hält durch, wer die höchsten Kapitalreserven hat – angesichts der Niedrigzinsen ist bei den meisten Anbietern offenbar reichlich Geld vorhanden. Allerdings musste kürzlich der erste Anbieter aufgeben – das mit großen Plänen gestartete Unternehmen City2City stellt zum 13. Oktober den Betrieb ein.

"Die Unternehmen verdienen nichts mehr"

Das bestätigt die Einschätzung von Experten, dass sich der Fernbusmarkt langfristig konsolidieren wird. „Es ist momentan ein Preisniveau erreicht, auf dem die Fernbusunternehmen nichts mehr verdienen“, befindet Canzler. So kostet eine Busreise von Berlin nach Köln am 10. Oktober beim billigsten Anbieter nur 15 Euro (siehe Tabelle). Bei den 650 Kilometern, die die beiden Städte trennen, sind das 2,4 Cent pro Kilometer. Hat sich der Markt erst einmal konsolidiert, könnte es mit den extrem billigen Tickets allerdings vorbei sein. Die verbliebenen Betreiber werden dann schnell ihre Preise erhöhen, vermutet Canzler. Doch wann das sein wird, ist ungewiss.

Ungeachtet des starken Wettbewerbsdrucks festigen die Fernbusbetreiber ihre Rolle als Alternative zur Eisenbahn und zum Auto. So decken Fernbusse inzwischen auch international das Netz der Deutschen Bahn fast vollständig ab. Auch das Nachtbus-Geschäft boomt: Nachtlinien machen bei den Top-Anbietern bereits bis zu zehn Prozent der angebotenen Linien aus.

Beschwerden von Kunden gibt es kaum

Doch wie sieht es mit der Qualität der Bus-Unternehmen aus? Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG wirft der Branche vor, die billigen Preise nur anbieten zu können, weil die Unternehmen am Personal sparen und es mit den Ruhezeiten der Fahrer nicht so genau nehmen. Auch bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), die bei Streitfällen zwischen Reisenden und Verkehrsunternehmen schlichtet, gingen derlei Beschwerden ein. Eine Kundin habe sich über einen offensichtlich übermüdeten Busfahrer beschwert. Auf halber Strecke sei sie aus Angst auf ein anderes Verkehrsmittel umgestiegen, berichtet SÖP-Geschäftsführer Heinz Klewe. Er unterstreicht allerdings, das eine solche Beschwerde bisher erst einmal vorgekommen sei. „Generell verzeichnen wir im Vergleich zum Wachstum der Branche sehr wenige Beschwerden.“ Meist gehe es um Fragen des Gepäcks, des Tickets oder um unfreundliche Fahrer. Die Zufriedenheit der Kunden und somit die Qualität der Fahrt hängt also stark von dem Menschen hinterm Steuer ab.

Ein Problem ist auch, dass die Rechte von Fernbus-Kunden weniger klar als bei der Eisenbahn geregelt sind. „Ein Anspruch auf Entschädigung muss in jedem Einzelfall geprüft werden“, erklärt Klewe. Die Fernbusbetreiber bemühten sich bei Beschwerden aber überwiegend um eine kulante Lösung.

Viel Gepäck mitzunehmen kostet mitunter extra

Doch auch unter den vielen Betreibern lohnt sich ein Vergleich: So ist zu beachten, dass die Gepäckstandards der Anbieter unterschiedlich sind. Je nach Buslinie werden sogar Zusatzkosten fällig. Alle Anbieter werben mit günstigen Snacks und kostenloser W-Lan–Verbindung auf der Fahrt.

Bei der Suche nach dem besten Preis helfen Fernbus-Vergleichsportale. Busliniensuche.de, fahrtenfuchs.de, busvergleich.net und fernbusse.de sind einige der vielen Anbieter. Doch nicht nur die Fernbusbetreiber, auch die Deutsche Bahn speist besonders günstige Angebote in diese Vergleichsportale ein: So finden sich dort mitunter 29-Euro-Spartickets für den Zug, selbst wenn die auf der Bahn-Homepage längst als vergriffen deklariert werden. Also: Auch wer trotz des Fernbus-Hypes auf das Bahnfahren schwört, profitiert von den unschlagbar günstigen Preisen der Konkurrenz auf dem Markt. Vorausgesetzt, er weiß wie.

Ben Schröder

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