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Wirtschaft: Rendite fürs Rentenalter

Keine Frage: Es besteht Handlungsbedarf.Die gesetzliche Rente wackelt, und auch die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung, hält nicht mehr.

Keine Frage: Es besteht Handlungsbedarf.Die gesetzliche Rente wackelt, und auch die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung, hält nicht mehr.Immer mehr Unternehmen geben Neuzugängern keine Zusage mehr, sie an der betrieblichen Altersvorsorge teilhaben zu lassen.Wie in der gesetzlichen Rentenkasse lassen sich auch hier Gewinner und Verlierer klar ausmachen: Während Rentner und ältere Arbeitnehmer noch recht gut geschützt sind, haben die Jüngeren das Nachsehen.

Eigenvorsorge heißt das Gebot der Stunde.Wer sich heute nicht auf eigene Faust absichert, kann dem Jahrtausendwechsel keinesfalls unbesorgt entgegensehen.Kein Wunder, daß der Kampf um den milliardenschweren Vorsorgekuchen heftig entbrannt ist.Jetzt erhält er neue Nahrung.Ende September kommt die Investmentbranche mit einem neuen Angebot auf den Markt.Die Fonds mit dem sperrigen Namen Altersvorsorge-Sondervermögen (AS-Fonds) sind speziell für die Altersvorsorge gedacht.Damit wildern sie in einem Bereich, der bisher vor allem von einem Konkurrenten besetzt war: der Lebensversicherung.

Die Konkurrenz ist vom Gesetzgeber gewünscht.Denn der hat Anfang des Jahres mit seinem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz den Weg frei gemacht für den neuen Fondstyp.Einzig der Bundesrat spuckte im März in die Suppe: Er verhinderte, daß die Produkte den werbewirksamen Titel "Pensions-Sondervermögen" tragen.Der Grund: Da die neuen Fonds im Gegensatz zu den Lebensversicheren steuerrechtlich nicht privilegiert sind, würde eine solche Bezeichnung falsche Erwartungen wecken, fürchteten die Länder.Auch im Bundesfinanzministerium herrscht leise Skepsis.Der Kunde laufe Gefahr, unter den neuen Fonds etwas "Falsches zu verstehen", heißt es.

Unterdessen trommelt der Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften (BVI), dessen Geschäftsführer Manfred Laux als geistiger Vater der AS-Fonds gilt, mächtig für das eigene Produkt.Die AS-Fonds seien "einfach zu handhaben", für die Altersvorsorge gut geeignet und renditestark, sagt BVI-Sprecher Günter Schardt.Das Neue: Während herkömmliche Investmentfonds in bestimmte Märkte investieren, dienen die neuen Vorsorge-Fonds dem übergeordneten Ziel der Altersvorsorge, wirbt Schardt.Mit dem Segen des Gesetzgebers werden in den neuen AS-Fonds erstmals Aktien- und Immobilienanlage gemischt (siehe Kasten: "Die neuen AS-Fonds").Bislang mußte der Anleger, der einen solchen Vermögensmix schätzt, selbst diversifizieren und einen Teil des Geldes in Aktien-, einen anderen Batzen in Immobilienfonds stecken.

Die Strategie, die hinter einer solchen Mischung steht, ist klar.Zum einen wollen die Fonds von dem Kurspotential an den Aktienmärkten profitieren, die Beimischung der Immobilien soll jedoch ein wenig Ruhe in die Anlage bringen.Zudem sollen die Anleger zum Ende der Laufzeit hin die Möglichkeit haben, ihre AS-Fonds-Anteile in krisensicherere Portefeuilles, etwa Rentenfonds, umzutauschen - zum Nulltarif.Doch neu ist das nicht.Schon seit längerem bieten die großen Investmentgesellschaften spezielle Vorsorgepläne mit automatischer Kapitalsicherung an.Mit Erfolg: Über 50 000 Abschlüsse hat allein die Investmenttochter DWS der Deutschen Bank mit ihrer "DWS-Investmentrente" in den vergangenen 18 Monaten geschafft.Das Konzept klingt verdächtig nach dem, was nun mit den AS-Fonds als große Innovation gepriesen wird.Bis drei Jahre vor Ende der Laufzeit wird das Anlagekapital in einen der fünf Aktienfonds investiert, anschließend - nach Wunsch des Kunden - wird schrittweise in einen Rentenfonds umgeschichtet.Treue wird belohnt: Wer länger dabei ist, braucht statt der üblichen fünf Prozent Ausgabeaufschlag nur zwei bis 2,5 Prozent zu zahlen.

Das ähnelt den Kosten, die man wohl auch für die AS-Fonds erwarten darf.Von einem Ausgabeaufschlag von 2,5 Prozent ist bei der DWS die Rede, doch noch ist nichts entschieden.Denn bevor die neuen Produkte auf den Markt kommen, muß erst ein mehrstufiges Genehmigungsverfahren beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen absolviert werden.Zunächst müssen die Gesellschaften ihre Geschäftserlaubnis erweitern lassen, anschließend ihre neuen Fondsangebote zur Begutachtung einreichen.

Die Anbieter stehen in den Startlöchern.Fast alle großen Publikumsfondsgesellschaften wollen sich an dem Geschäft beteiligen.So plant man bei der DWS, zwei unterschiedliche Produkte anzubieten, eines eher aktien-, das andere immobilienorientiert.Ein "Riesenmarkt" sei das, sagt DWS-Sprecher Matthias Butzlaff, auf dem man seine bereits erkämpfte Position verteidigen will.Und das geht so: Die Altkunden bleiben in der herkömmlichen "DWS-Investmentrente", Neuanleger ab Herbst steigen in einen der DWS-AS-Fonds mit selbem Namen ein.Begriffsverwirrung?

Eher der Ausdruck dafür, daß die neuen Vorsorgefonds alter Wein in neuen Schläuchen sind."So lange die steuerlichen Vergünstigungen fehlen, sind die AS-Fonds nichts Besonderes", sagt der Geschäftsführer des Bundes der Versicherten, Hans Dieter Meyer.In der Tat: Auf dem Weg zum staatlichen Gütesiegel ist der Gesetzgeber auf halbem Wege stehen geblieben.Anders als bei Lebensversicherungen müssen Zinseinnahmen und Dividenden aus den AS-Fonds versteuert werden.Der BVI hofft nun auf die nächste Novelle.Im Vierten Finanzmarktförderungsgesetz sollen die AS-Fonds dieselben Steuerprivilegien erhalten wie die Assekuranz, wünscht sich der Verband.Die Parteien zeigen sich willig.CDU, SPD und FDP machen sich unisono für eine Gleichbehandlung aller Vorsorgearten im Steuerrecht stark, CDU und SPD wollen im Gegenzug jedoch den Sparerfreibetrag von 6100 DM (Ledige)/12 200 DM (Verheiratete) halbieren.

Im Bundesfinanzministerium denkt man derzeit aber schon in ganz anderen Dimensionen: Dort brüten die Fachabteilungen über einer Steuerreform für Betriebsrenten und die gesetzliche Rente.Inhalt: die Einführung einer nachgelagerten Besteuerung, die erst beim Bezug der Renten anfällt und noch nicht während des Erwerbslebens.Bereits 1980 hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert, die Besteuerung der gesetzlichen Rente neu zu regeln.Allerdings ohne Bonn dafür eine Frist zu setzen.Das wird sich ändern, denn schon bald werden sich die Richter erneut mit der Rentenbesteuerung befassen.Mit klareren Vorgaben für die Regierung - egal welcher Couleur.

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