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Sauberes Depot: In der Wertentwicklung der meisten Rentenfonds macht sich die Griechenlandkrise noch nicht stark bemerkbar.

© IMAGO

Rentenfonds: Die Griechendelle

Wie sich die europäische Schuldenkrise auf die Entwicklung der Rentenfonds auswirkt.

Knapp 150 Milliarden Euro haben deutsche Anleger in Rentenfonds investiert – ein konservatives Investment eigentlich. Doch die Schwäche des Euro, die griechische Schuldenkrise und die gewaltigen Geschütze, die Europa notfalls zur Verhinderung eines Flächenbrandes auffahren will, haben viele Anleger verunsichert.

Bis zu 750 Milliarden Euro wollen EU und IWF aufbringen, sollte es weitere Probleme in jenen Ländern geben, für die bereits der griffige Name PIGS (englisch: Schweine) als Abkürzung für Portugal, Italien, Griechenland und Spanien gefunden wurde. Auch Rentenfonds investieren meist ein Großteil der Kundengelder in Euro-Staatsanleihen, auch in jene der PIGS-Länder. Selbst griechische Bonds finden sich weiter in den Portfolios, galt Athen doch vor kaum sechs Monaten noch als durchaus sicherer Schuldner. Nun steht mancher Anleger vor der Frage: Ist das Risiko in meinem Rentenfonds inzwischen zu groß?

Die Anlegerschützer von „Finanztest“, die deutsche Rentenfonds im Zuge der Schuldenkrise unter die Lupe genommen haben, beruhigen. „Ein Rentenfonds bleibt grundsätzlich eine sichere Anlage“, sagt Anleiheexpertin Karin Baur. Die Hellas-Krise habe sich bisher auch nicht sehr stark in der Wertentwicklung der Fonds bemerkbar gemacht, da die griechischen Positionen meist sehr klein seien. Allerdings blieben Zweifel, ob Athen die Kredite am Ende tatsächlich in der geplanten Zeit zurückzahlen könne. Schließlich müsse das Land bis 2015 Anleihen in Höhe von 140 Milliarden Euro tilgen. Doch auch Werner Hedrich, Analyst beim Fonds-Rater Morningstar, glaubt nicht, „dass sich der Anleger von Rentenfonds gravierende Sorgen machen muss“. Allerdings empfiehlt Hedrich allen Investoren, einen konkreten Blick auf ihren Fonds zu werfen und zu prüfen, woran sie exakt mit welchem Risiko beteiligt sind.

Allerdings ist dies nicht immer einfach. 31 Milliarden Euro etwa haben deutsche Anleger in den Rentenfonds der Sparkassen-Fondstochter Deka geparkt. Welcher Teil davon in den PIGS-Ländern investiert ist, möchte Deka-Sprecher Markus Rosenberg nicht sagen. Der Anteil griechischer Staatstitel etwa ändere sich „nahezu stündlich“, so dass konkrete Aussagen nur Momentaufnahmen blieben. Zudem seien PIGS-Engagements auch abgesichert, etwa mit Kreditausfallversicherungen. Etwas konkreter wird die Union Investment, die Fonds-Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken. „Die bisherigen Anstrengungen zur Rettung Griechenlands werden ausreichen, um das Land vor dem Bankrott zu bewahren“, glaubt Union-Sprecher Markus Temme. Zu einem Flächenbrand werde es nicht kommen. In den Euro-Rentenfonds halte man zwar Griechenland-Papiere, doch habe man ihren Anteil zuletzt leicht reduziert, berichtet Temme. Aktuell hält der Uni Euro Renta, mit einer Anlagesumme von 2,5 Milliarden Euro einer der größten deutschen Rentenfonds überhaupt, 4,4 Prozent seiner Gelder in Griechenland, weitere 7,8 Prozent in Spanien und 15,6 Prozent in Italien. Trotz des enormen Kursverfalls der griechischen Papiere blieb die Fondsbilanz bisher positiv: 7,44 Prozent liegt der Fonds, der jedoch nicht nur in Staatsanleihen, sondern auch in Pfandbriefe und Unternehmensanleihen investiert, seit Mai 2009 im Plus.

Der BNY Mellon Euroland Bond dagegen, von „Finanztest“ zu einem der drei besten aktiv gemanagten Rentenfonds gekürt, hat seine griechischen und portugiesischen Staatsanleihen bereits vor Monaten verkauft. Die Bilanz seit Jahresbeginn: plus 4,3 Prozent. Seit Mai 2007 hat der Fonds damit jedes Jahr 8,5 Prozent zugelegt. Auch die weiteren „Finanztest“-Top-Fonds verzichten größtenteils auf PIGS-Engagements, etwa der Espa Bond Euro-Reserva oder der BWI-RentD.

Nicht ganz so rosig sieht es beim Uni Euro Renta Gouvernments aus, der ausschließlich in Staatsbonds anlegt und satte 10,3 Prozent seines Fondsvermögens in Griechenland, weitere 33,2 Prozent in Spanien und Italien deponiert hat. Doch auch hier steht ein Plus (3,36 Prozent) in der Jahresbilanz. Allerdings zogen die Anleger im ersten Vierteljahr fast ein Drittel ihrer angelegten Gelder ab. Auch insgesamt dominiert die Skepsis: Nach Zahlen des Branchenverbandes BVI verkauften die Anleger zwischen Januar und März Euro-Rentenfonds im Volumen von zwei Milliarden Euro. Umgekehrt flossen mehr als zwei Milliarden in Fonds, die in Dollar-Anleihen investieren, weitere 1,4 Milliarden in Schwellenländer-Rentenfonds. Übrigens: Auch dies hat folglich – durch den Tausch von Euro in Dollar – zur Schwäche der Währung beigetragen.

Dabei gilt beim langfristigen Blick auf den Euro immer noch: Die Gemeinschaftswährung notiert derzeit noch über ihrem langfristigen Durchschnitt. Der Euro sei auch „nicht schwach“, sagt „Finanztest“. Die Zeitschrift zitiert Brancheninsider, die einräumen, Hedgefonds und Spekulanten hätten sich für 2010 vorgenommen, „den Euro zu zerschießen“. Dafür hätten sie sich mit Griechenland anfangs das schwächste Glied in der Kette vorgenommen. Nun aber wehrt sich mit Deutschland das stärkste Glied: Berlin hat am Dienstag ungedeckte Leerverkäufe von Staatsanleihen und Kreditversicherungen auf diese Anleihen verboten.

Insgesamt hält sich die „Griechendelle“ jedoch auch bei Rentenfonds mit größerem Engagement in Grenzen. Gelitten haben etwa der Deka Euro RentenPlus CF oder der DWS Invest Euro, der insgesamt knapp 40 Prozent seiner Gelder in den PIGS-Ländern und 5,5 Prozent in Griechenland angelegt hat und auf Sicht von sechs Monaten leicht im Minus notiert. Der Blick auf eine griechische Anleihe zeigt, warum: Ein im Januar 2007 emittierter Bond beispielsweise notierte im vergangenen Herbst noch bei einem Kurs von 102. Bis Anfang Mai stürzte er auf 59 ab, um sich seither wieder auf knapp 80 zu erholen. Dies bedeutet, dass Fonds, die die Anleihe gezeichnet haben, derzeit auf 20-prozentigen Kursverlusten sitzen, die Zinskupons nicht mitgerechnet. Auch spanische Staatstitel sind zuletzt leicht gefallen, notieren aber weiter nahe ihrer Ausgabeniveaus.

Morningstar-Analyst Hedrich hält dennoch Spanien für weitaus problematischer als Griechenland, denn Athen sei ja dank des 110 Milliarden Euro schweren Hilfspakets aktuell aus dem Gröbsten heraus. Spanien dagegen ächzt weiter unter hohen Schulden. Bei der jüngsten Schuldenaufnahme verlangte der Markt bereits deutlich höhere Zinsen als noch im April. Insgesamt brauchen die PIGS-Länder heuer noch knapp 300 Milliarden Euro. Verlangt der Markt hier deutlich höhere Zinsen, dann sinken die Kurse bereits laufender Anleihen. Hedrich: „Wer mit einem gewissen Risiko nicht mehr schlafen kann, sollte Rentenfonds mit PIGS-Beteiligung meiden.“ Allerdings müsse man dann wissen: Zehnjährige deutsche Bundesanleihen werfen unter drei Prozent ab, so dass der Anleger nach Kosten, Steuern und Inflation im Prinzip kaum noch Gewinne erwarten kann.

Auch langfristig sehen manche Experten gewaltige Probleme auf die Finanzierung der Staatsdefizite, folglich auch auf Staatsanleihen und Rentenfonds, zurollen. „Auch wenn mit den jüngsten Rettungsaktionen wieder Ruhe an den Märkten eingekehrt ist – vieles deutet darauf hin, dass die Staatsschulden zum Dauerthema werden“, heißt es bei der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank. Noch nie seien die Schuldenberge höher gewesen: Seit 2007 hätten sich die jährlichen Staatsdefizite in der OECD versieben-, in der EU sogar verzwölffacht. 7,7 Billionen Dollar Schulden haben die EU-Mitgliedsländer inzwischen angehäuft – Geld, für das es Gläubiger gibt, die Zinsen und eine Rückzahlung erwarten.

Veronika Czisi

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