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Wirtschaft: Rentenversicherer kämpfen um die Macht

BfA und Bundesknappschaft sollen verschmolzen werden, aber der kleine Partner wehrt sich

Berlin (hej). Zwischen den deutschen Rentenversicherungsträgern herrscht dicke Luft: Das vom Verband VDR entwickelte Organisationskonzept für eine einheitliche deutsche Rentenversicherung will die Bundesknappschaft (siehe Kasten unten) nach TagesspiegelInformationen nicht mittragen. „Wir lassen uns doch nicht von der BfA schlucken“, sagte eine Knappschaftssprecherin.

Hintergrund des Streits ist die geplante Neuorganisation der deutschen Rentenversicherung. Die Bundesregierung hatte angekündigt, noch in dieser Legislaturperiode eine Organisationsreform auf den Weg bringen zu wollen. Bislang sind die Aufgaben der Rentenversicherung auf verschiedene Träger verteilt: Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin ist für die Renten der Angestellten zuständig, die Landesversicherungsanstalten für die der Arbeiter, die Seekasse für Seeleute, die Bahnversicherungsanstalt für Bahnbeschäftigte und die Bundesknappschaft für Bergleute.

Schon seit Jahren wird darüber diskutiert, wie dieses unübersichtliche, teure System gestrafft und reformiert werden kann. Jetzt macht die Bundesregierung Ernst. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung des Gesundheitsstaatssekretärs Heinrich Tiemann soll bis Mitte des Jahres ein politisch zwischen Bund und Ländern abgestimmtes Konzept vorlegen. Bis zum 30. August soll der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages informiert werden.

Doch bevor die Vertreter von Bund und Ländern in die politische Diskussion eingetreten sind, gibt es bereits Streit innerhalb der Rentenversicherungsträger. Die Bundesknappschaft lehnt das vom Verband der Rentenversicherungsträger (VDR) kürzlich vorgelegte Konzept ab. Nach den Vorstellungen des Verbandes soll es künftig nur noch einen bundesweiten Rentenversicherungsträger geben, der gegenüber den bislang unabhängigen Landesversicherungsanstalten weisungsbefugt sein soll. Die Aufgaben der einzelnen Träger sollen zudem nicht mehr nach Arbeitern und Angestellten, sondern nach Branchen aufgeteilt werden. Der neue Bundesträger, der aus BfA, Bundesknappschaft, Seekasse und Bahnversicherungsanstalt gebildet werden soll, soll rund 50 Prozent aller Branchen betreuen, die Landesversicherungsanstalten die andere Hälfte.

Die kleinen bundesweiten Rentenversicherungsträger schlagen Alarm. Sie befürchten, von der großen BfA, die derzeit rund 28 000 Beschäftigte hat, in die Ecke gedrängt zu werden. Daher haben sich Knappschaft, Bahn- und Seekasse jetzt verbündet und fordern, dass nach der Organisationsreform zwei bundesweite Rentenversicherungsträger übrig bleiben, die Nachfolgerin der BfA und die neue Organisation, die aus dem Dreierverbund geschmiedet werden soll.

Für die beteiligten Einrichtungen geht es nicht nur um Aufgaben und Zuständigkeiten, sondern auch um Macht und Posten. Denn nach einer Fusion wären nur noch ein Vorstand nötig und eine Vertreterversammlung, in der Vertreter von Bund, Ländern, Arbeitnehmern und Arbeitgebern sitzen sollen. Auf 300 Millionen Euro im Jahr schätzen Insider die Ersparnis durch die Organisationsreform. Denn nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landesebene soll es Fusionen geben. Die bislang 22 Landesversicherungsanstalten sollen künftig zu sechs großen Einrichtungen verschmelzen. Das ist bereits im Gange. So sind die Landesversicherungsanstalten in Baden-Württemberg bereits verschmolzen, in Berlin und Brandenburg beraten Senat und Kabinett Anfang April über die Fusion, und auch die Nordländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sind sich über eine Zusammenlegung einig. Gleiches gilt für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Nötig ist jedoch noch eine Änderung des Sozialgesetzbuchs VI. Denn länderübergreifende Fusionen sind bisher nicht möglich.

Die neue Organisationsstruktur in der Rentenversicherung ist nach Einschätzung von Experten vor dem Jahr 2005 nicht möglich. Erst dann stehen wieder Sozialwahlen an. Bis dahin sind die Delegierten der Vertreterversammlung im Amt, und eine Neuordnung der Anstalten ist ausgeschlossen.

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