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Misstrauen. Wie viel steckt von welchen Stoffen drin? Das erfahren die Verbraucher häufig erst auf der Rückseite der Verpackungen.

© dpa/ Daniel Karmann

Repräsentative Studie: Im Supermarkt fehlt es an Vertrauen

Halten die Verpackungen von Lebensmitteln, was sie versprechen? Die große Mehrheit der Verbraucher glaubt nicht daran.

Von Laurin Meyer

Es ist der gewohnte Blick ins Supermarktregal. Bilder von frischen Früchten zieren die Vorderseite der Verpackungen, aufgehübscht mit kräftigen Farben. Wie viel von der Frucht aber tatsächlich im Produkt steckt, erfahren die Kunden häufig erst auf der Rückseite – und fühlen sich dann womöglich getäuscht. Denn oft verarbeiten die Hersteller nur kleine Mengen der Zutat, mit der sie vorne werben.

Wie sehr die Verbraucher der Lebensmittelindustrie misstrauen, haben nun Forscher der Universität Göttingen mit der Marketingberatung Zühlsdorf+Partner im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV) untersucht. Demnach glauben etwa 84 Prozent der Verbraucher, dass die Verpackungen die Lebensmittel oft besser darstellen würden, als sie in Wirklichkeit sind. „Dieses Misstrauensvotum ist alarmierend“, sagte VZBV-Vorstand Klaus Müller. Es sei ein Weckruf für die Lebensmittelhersteller.

Die Studie untersuchte auch die Erwartungshaltung der Konsumenten. Demnach fühlten sich die Verbraucher weniger getäuscht, wenn bereits auf der Vorderseite der Anteil einer Zutat in Prozent angegeben wird. Der VZBV fordert deshalb von den Herstellern, die Menge auf der Vorderseite anzugeben. Bislang ist nicht vorgeschrieben, wo dieser Hinweis stehen muss.

Lebensmittelhersteller weisen Kritik zurück

Nutzen die Hersteller eine Zutat als Blickfang, die gar nicht im Produkt enthalten ist, kann ihnen das untersagt werden. Vor rund zwei Jahren hatten Verbraucherschützer die Firma Teekanne verklagt, die auf der Verpackung ihres Tees mit Bildern von Himbeeren und Vanille warben. Dabei befanden sich die Zutaten gar nicht im Tee, stattdessen nur „natürliche Aromen mit Vanille- und Himbeergeschmack“, die aus Stoffen wie Holzspänen gewonnen werden. Der Europäische Gerichtshof sah darin eine Irreführung des Verbrauchers.

Ab wann ein Verpackungsdesign gerichtlich untersagt werden kann, müsse aber immer im Einzelfall betrachtet werden, heißt es aus der VZBV-Rechtsabteilung. Unter Umständen könne die blickfangmäßige Werbung mit einer Zutat auch dann irreführend sein, wenn diese tatsächlich im Produkt stecke – nämlich bei so geringen Mengen, dass sie nicht zum Geschmack beitragen.

Die Lebensmittelwirtschaft weist die Kritik der Verbraucherschützer zurück. „Kein Hersteller will seine Kunden enttäuschen oder gar täuschen“, sagt Marcus Girnau, stellvertretender Geschäftsführer beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, dem „Handelsblatt“. Es liege aber in der Natur der Sache, dass nicht alle relevanten Informationen auf der Vorderseite der Verpackung stehen könnten. Wer die Verpackung als Gesamtes betrachte und das Zutatenverzeichnis aufmerksam lese, der könne die Produktaufmachung einordnen.

Skeptisch zeigten sich die befragten Verbraucher auch bei der Verwendung von Aromen. Wenn ein Verpackungshinweis auf Aromazusatz fehlte, glaubten immer noch drei Viertel der Verbraucher, dass Zusätze enthalten seien. Für ihre Studie befragten die Forscher der Uni Göttingen fast 1300 Verbraucher in einer Online-Umfrage.

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