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Schön gehört? Sind Gerüchte im Netz, geraten sie leicht außer Kontrolle. Experten raten, nur wenig preiszugeben.

© Sven Hoffmann - Fotolia

Reputationsmanagement: Ist der Ruf erst ruiniert

Ein gutes Image im Internet ist heute wichtig für die Karriere. Dienstleister helfen, das Bild zu polieren.

Berlin - Als das Musikvideo von Rebecca Black auf Youtube erschien, dachte die 13-jährige Schülerin vermutlich noch nicht an ihren guten Ruf im Netz. Sobald das Video online stand, war er ruiniert – und das Mädchen aus Kalifornien ein Internet-Star. Millionenfach klickten Nutzer ihr Lied „Friday“ an – es wurde das weltweit meistgesehene Video bei Youtube im vergangenen Jahr. Doch nicht, weil die Nutzer so begeistert waren – im Gegenteil. Vernichtend fielen ihre Urteile über den mit dünnem Stimmchen vorgetragenen, eher flachen Gute-Laune-Song aus. Rebeccas Musikerkarriere schadete das allerdings nicht, sie fing damit erst an. Auf iTunes wurde das Lied innerhalb einer Woche 43 000 Mal heruntergeladen, zwei weitere Singles hat Black seither produziert.

Der Ruf im Netz kann für die Karriere bedeutend sein, auch wenn es selten so läuft wie bei Rebecca Black. Jeder kann heute im Internet Informationen über sich und andere senden. Suchmaschinen wie Google oder Bing finden diese Informationen mit einem Klick wieder und listen sie auf. Sucht man nach einem bestimmten Namen, ergibt sich so auf einer Seite das Bild eines Menschen – und das kann entweder einen guten oder schlechten Eindruck hinterlassen.

Offenbar nutzen immer mehr Menschen bei der Beurteilung ihrer Mitmenschen dieses virtuelle Bild, ob privat vor einem Rendezvous oder beruflich vor einem Vorstellungsgespräch. Dieses Bild sollte man nicht, wie Rebecca Black, dem Zufall überlassen, findet Melanie Vogelbacher. „Jeder wird heute vor einem Geschäftstermin gegoogelt, da sollte man sich schon Gedanken machen“, sagt die 32-Jährige. Sie ist Geschäftsführerin der Firma Reputeer, einer Beratungsagentur für Online-Reputationsmanagement. Vogelbacher verdient ihr Geld damit, das Bild von Menschen im Netz so zu zeichnen, dass es ein gutes ist.

Den typischen Fall von „Partyfotos, auf denen man betrunken zu sehen ist“, hatte Vogelbacher noch nie, sagt sie. Ihre Kunden sind meist schon beruflich erfolgreich und wollen, dass Reputeer konkrete Vorstellungen von ihrem Bild im Netz umsetzt. „Der Grund kann zum Beispiel ein Jobwechsel sein“, sagt die Unternehmerin. Wer neuer Abteilungsleiter in einer Firma ist, möchte auch als solcher von den Suchmaschinen gefunden werden und nicht mehr als der Auszubildende, der er einige Jahre zuvor noch war. Jemand, der heute bei Coca-Cola arbeitet, will möglichst nicht mehr als Mitarbeiter seines früheren Arbeitgebers Pepsi erscheinen. Und Frau Müller macht sich Sorgen, weil sie im Netz nicht unverwechselbar und einzigartig ist, denn sie heißt wie tausend andere Frauen in Deutschland auch. Dabei will sie doch als die Frau Müller erkennbar sein, die sie ist – die Leiterin einer erfolgreichen Werbeagentur. Auch Ärzte kommen zu Reputeer, weil sie entdeckt haben, dass Patienten sie neuerdings auf Internetplattformen bewerten und darin gnadenlos offenlegen, wie lange sie auf ihren Termin gewartet haben oder dass die Sprechstundenhilfe unfreundlich war.

„Sie können das nicht verhindern, sondern Sie müssen sich der Bewertung stellen“, sagt Vogelbacher. Das sei nunmal das Prinzip von Social Media. So könne der Arzt zum Beispiel Patienten, die gern zu ihm kommen, zu einer positiven Bewertung bewegen, rät Vogelbacher. Die Strategie, einfach die Finger vom Internet zu lassen und zu glauben, man könne damit verhindern, dass unliebsame Dinge hineingeraten, funktioniere heute kaum noch.

Wenn aber verstecken nicht funktioniert, hilft nur noch: angreifen. Nach diesem Prinzip funktioniert auch Online-Reputationsmanagement. Vogelbachers Kunden kommen meist mit dem Wunsch, unliebsame Inhalte verschwinden zu lassen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Natürlich kann man bei den Seitenbetreibern anrufen und sie bitten, Inhalte zu löschen. Dazu sind sie aber nicht verpflichtet, wenn keine Rechte verletzt wurden. Darüber hinaus kann es sein, dass der Inhalt trotz Löschung nicht aus dem Netz verschwindet, weil er schon von anderen Nutzern kopiert, geteilt oder zitiert wurde. Grundsätzlich gilt: einmal im Netz, immer im Netz.

Besonders umsichtig sollte man deshalb mit seinen eigenen Daten umgehen, wenn man etwas sendet. „Viele denken, sie seien bei Facebook privat unterwegs, aber was ist dabei noch privat, wenn ich 400 Freunde habe?“, sagt Vogelbacher.

Wenn das eigene Bild im Netz ganz und gar nicht stimmt und die unliebsamen Inhalte sich nicht entfernen lassen, hilft nur noch: aktiv werden und den schlechten Content durch neuen, besseren verdrängen. Ein Twitter-Account, eine eigene Webseite, ein Blog und ein Profil auf einem Karrierenetzwerk wie beispielsweise Xing geben jedem die Möglichkeit, sich im Netz darzustellen. Das kostet allerdings Mühe und Zeit – und wenn man dafür eine Agentur wie Reputeer engagiert, auch Geld. Angefangen von 19,90 Euro für eine erste Einschätzung bis hin zu mehreren tausend Euro für eine intensive, mehrmonatige Betreuung und Bearbeitung des eigenen Image im Netz.

Melanie Vogelbacher rät deshalb jedem, sich über das Thema Online-Reputation Gedanken zu machen – am besten, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Oder man zum meistgehassten Star im Internet wird, wie Rebecca Black.

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