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Rezession: Ifo-Institut sieht schwarz

Wirtschaftsforscher erwarten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,2 Prozent – die IG Metall will mit 100 Milliarden Euro dagegen halten

Berlin - Eine Million zusätzliche Arbeitslose und die tiefste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg – das erwartet das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung für die kommenden zwei Jahre. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2009 um 2,2 Prozent sinken, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Donnerstag in München. „Wir müssen uns auf eine schwierige, lang anhaltende Schwächephase gefasst machen“, warnte er. Gewerkschafter und Politiker verlangten von der Bundesregierung erneut eine massive Stützung der Konjunktur.

Auch 2010 werde die Wirtschaftsleistung zurückgehen, und zwar um 0,2 Prozent, erklärten die Forscher des Ifo-Instituts. Erst dann rechnen sie damit, dass die Finanzkrise allmählich abflaut und die Weltkonjunktur in Gang kommt. Die Arbeitslosenzahl, die derzeit mit drei Millionen auf einem 16-Jahres-Tief liegt, werde deutlich zunehmen und im Jahresschnitt bei vier Millionen liegen. Das heißt, dass sie in einzelnen Monaten bedeutend über dieser Marke liegen wird. Sinn begründete seinen Pessimismus damit, dass Deutschland als Exportweltmeister auch überdurchschnittlich stark vom Abschwung getroffen werde: „Wir schwimmen wie die Korken auf den Wogen der Weltkonjunktur.“

Dies ist die bislang düsterste aller Konjunkturprognosen. Erst am Mittwoch hatte das Essener Institut RWI erklärt, dass es ein Minus von zwei Prozent erwarte. Die Vorhersagen lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Pessimisten sehen Deutschland und die Welt vor einem bislang einmaligen und lang anhaltenden Einbruch, da Finanz- und Konjunkturkrise zusammenkommen. Optimisten dagegen halten es für möglich, dass der Tiefpunkt schon im Sommer 2009 erreicht sein wird und die Welt, gestützt vom billigen Öl und staatlichen Ausgabeprogrammen, aus den roten Zahlen kommt.

Diesem Lager gehört die Europäische Zentralbank (EZB) nicht an. Die Probleme würden noch „in den kommenden Quartalen anhalten“, schrieben ihre Experten mit Blick auf die 15 Euro-Länder in ihrem neuen Monatsbericht. EZB-Chefökonom Jürgen Stark hält den Spielraum der Notenbank nach der jüngsten Zinssenkung um 0,75 Prozentpunkte für nur noch „sehr begrenzt“. Es sei vielleicht nur noch „kleine Schritte“ möglich.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) forderte angesichts der neuen Prognosen ein wesentlich umfangreicheres Konjunkturpaket für Deutschland. Die Regierung müsse „schon mit großen Zahlen kommen“, sagte er in Berlin. Er schlug eine rasche Senkung der Einkommensteuer vor mit einer Entlastung der Bürger um 25 Milliarden Euro. „Sektorale Maßnahmen“ etwa für die Autoindustrie würden die Probleme nicht lösen. Ifo-Chef Sinn verlangte ein Steuerpaket in gleicher Größenordnung – allerdings erst für Mitte 2009. „Im Moment viel Geld auszugeben, ist verfrüht. Frau Merkel macht das genau richtig“, lobte er. Sinn sprach sich dafür aus, neben Steuersenkungen den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Der habe sich nach 20 Jahren „überlebt“.

Dagegen forderte die Gewerkschaft IG Metall einen Beitrag aller privaten Geld- und Immobilienvermögen über 750 000 Euro. So solle ein Zukunftsfonds von 100 Milliarden Euro zusammenkommen, der Investitionen der Kommunen mit zinslosen Krediten und Bildungsausgaben der Länder stützen müsse. Hinzukommen müssten Abwrackprämien für ältere Autos, Konsumschecks für die Bürger und ein höheres Arbeitslosengeld II.

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