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Wirtschaft: Ringier bestätigt Gespräche mit Springer

Schweizer Verlag verhandelt über Anteil am Zeitungskonzern/Fristverlängerung für Leo Kirch vor Gericht

Berlin (mot/usi). Ein Einstieg des Schweizer Ringier-Verlages beim Axel Springer Verlag wird immer wahrscheinlicher. Der Verlag aus Zürich bestätigte am Montag erstmals Gespräche mit Springer über eine mögliche Beteiligung. Gegenstand der Verhandlungen ist der mögliche Kauf einer 40-Prozent-Beteiligung, die bisher noch der insolvente Medienunternehmer Leo Kirch hält. Fridolin Luchsinger, Sprecher der Ringier AG, sagte dem Tagesspiegel: „Ich kann bestätigen, dass zwischen Michael Ringier, Springer-Aktionärin Friede Springer und Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner Gespräche geführt werden." Einzelheiten wollte der Sprecher nicht nennen.

Kirch sieht offenbar auch noch Chancen für einen Verkauf an die WAZ – trotz der ablehnenden Haltung im Gesellschafterkreis der Essener Mediengruppe. „Er verhandelt bis zur letzten Sekunde“, hieß es am Montag im Umfeld des Medienunternehmers. Zwar habe sich ein Teil der WAZ-Gesellschafter gegen den Einstieg bei Springer ausgesprochen. Eine endgültige Entscheidung sei aber wohl noch nicht gefallen. Die WAZ bekräftigte, derzeit gebe es wegen der ablehnenden Haltung zweier Gesellschafter keine Grundlage für einen Einstieg beim Axel Springer Verlag. Um den Kauf von Kirchs 40-Prozent-Paket an Springer zu ermöglichen, müssten alle fünf Anteilseigner der WAZ-Gruppe zustimmen.

Leo Kirch hat bis zu diesem Dienstag noch Zeit, sein Springer-Paket selbst zu verkaufen. Um zu verhindern, dass die Aktien an die Deutsche Bank fallen, die einen Kredit an Kirch damit verpfändet hat, versucht Leo Kirch die Frist vor Gericht zu verlängern. Die entscheidende Verhandlung beginnt an diesem Dienstag um 10 Uhr 30 im Sitzungssaal 167 des Münchener Landgerichts, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Lehnt das Gericht eine Fristverlängerung ab, kann die Deutsche Bank einen Investor für Springer suchen oder das Paket an der Börse platzieren. Theoretisch besteht noch die Möglichkeit, dass sich die Bank mit Kirch auf einen außergerichtlichen Vergleich einigt und ihm mehr Zeit für den Verkauf seiner Aktien gibt.

Doch die Deutsche Bank soll dem Vernehmen nach längst in die Gespräche zwischen Ringier und Springer involviert sein. Käme Ringier bei Springer zum Zuge, könnte die Frankfurter Bank einen Teil der Finanzierung für die Schweizer übernehmen. Ringier hätte später die Möglichkeit, einen Teil seiner Springer-Aktien an der Börse abzustoßen, um mit dem Erlös den Kredit zurückzuzahlen. Den Schweizern bliebe eine Sperrminorität von 25,1 Prozent am Springer Verlag.

Ringier will bei Springer mitreden

Zentraler Bestandteil der Gespräche zwischen Ringier und Springer dürfte der Einfluss sein, den Verleger Michael Ringier auf die Strategie des deutschen Zeitungshauses haben darf. „Michael Ringier wird sich nicht auf eine Minderheitsposition ohne Mitspracherecht einlassen“, sagte ein Vertrauter am Montag dem Tagesspiegel. „Ringier ist auf Springer nicht angewiesen und wird einen Einstieg nur wagen, wenn er Einfluss ausüben kann.“ Friede Springer hatte bisher den Einstieg eines strategischen Investors, der über die Geschäftspolitik mitentscheidet, abgelehnt. Doch diese Haltung scheint die Verlegerin im Fall Ringier aufgegeben zu haben. Aus beiden Verlagen ist zu hören, dass zwischen den Häusern eine „lange, gute Verbindung“ bestehe, die Michael Ringier nun die Chance eröffne, im Springer Verlag mitzureden und sogar einen Sitz im Aufsichtsrat zu besetzen. Die Bedingung: Ringier verfolgt die gleichen Interessen wie Springer.

„Die beiden passen gut zusammen – vor allem in Osteuropa“, hieß es dazu aus Verhandlungskreisen. In Rumänien, der Slowakei, in Tschechien und Ungarn erscheinen mehr als 20 Zeitungen und Zeitschriften aus dem Hause Ringier. Springer ist in Rumänien und Ungarn aktiv. „Ringier würde als multikultureller, pluralistischer Großaktionär die eher konservative Springer-Philosophie gut ergänzen“, so ein Beteiligter. „Springer und Ringier entscheiden die Dinge mit dem Kopf – erst danach redet man über Geld.“

Ob Springer seinen ungeliebten Großaktionär Leo Kirch los wäre, käme es zum Deal mit Ringier, darüber wird spekuliert. Einige Beobachter wollen in Ringier schon einen Strohmann Kirchs sehen. In der Tat bestehen noch geschäftliche Verbindungen zwischen beiden. So hält Ringier 50 Prozent am Fernsehsender Sat1 Schweiz. Die andere Hälfte gehört der zum insolventen Kirch-Konzern zählenden ProSiebenSat1Media AG.

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