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Wirtschaft: Risiko Europa

Der alte Kontinent könnte die Welt laut OECD in die Rezession stürzen – Deutschland soll das verhindern.

Berlin - Auf die deutsche Wirtschaft kommen schwere Zeiten zu. Der Industrieländerverband OECD rechnet in seiner neuen Prognose vom Dienstag nur mit einem um 0,6 Prozent höheren Bruttoinlandsprodukt (BIP). Vor allem die Krise in Europa, aber auch in anderen Teilen der Welt, setze den Unternehmen hierzulande zu. Womöglich rutsche die Weltwirtschaft in eine weitere Rezession. „Das Risiko einer erneuten Kontraktion kann gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden“, heißt es im OECD-Bericht.

Export und Investitionen würden in der nächsten Zeit zurückgehen, sagte Deutschland-Experte Andrés Fuentes. „Die Konjunktur kühlt sich wegen des schwächeren Welthandels spürbar ab.“ Das Problem sei, dass sich die Wirtschaft auf Investitionsgüter spezialisiert habe, die auf einen Abschwung stets besonders deutlich reagierten. Zwischen Oktober und Ende Dezember werde die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozentpunkte schrumpfen und zu Beginn 2013 nur auf der Nulllinie liegen. Vor allem aus den Euro-Ländern seien die Bestellungen zurückgegangen. Eine Rezession bleibe der Bundesrepublik aber erspart. Später werde sich die Konjunktur dann „nach und nach beleben“, schreiben die OECD-Fachleute weiter. Und zwar so stark, dass die Löhne oberhalb der Inflationsrate liegen dürften, es also ein reales Plus gibt. Für 2014 nimmt die OECD allerdings wieder ein vergleichsweise kräftiges Plus von 1,9 Prozent an.

Damit ist die OECD pessimistischer als die Bundesregierung und ihre Experten. Der Bund geht von einem Wohlstandsplus von 1,0 Prozent im nächsten Jahr aus, der Sachverständigenrat von 0,8 Prozent. Für dieses Jahr zeichnet sich derzeit ein Plus von 0,9 Prozent ab.

„Das größte Risiko für die Weltwirtschaft ist das Euro-Gebiet“, sagte der OECD-Experte Eckhard Wurzel. Dies gelte trotz der jüngsten Maßnahmen zur Rettung Griechenlands und zur Hilfe für die übrigen Problemländer. Das aktuelle wirtschaftliche Minus, hervorgerufen durch die Rezession in den südlichen Ländern, werde bis Anfang 2013 anhalten, vermutet die Organisation. Aber auch in den anderen wichtigen Regionen auf dem Globus gebe es Probleme – in China und Indien sei die Dynamik gebremst. Und in den USA bestehe das Risiko, dass der Haushaltsstreit die Wírtschaft empfindlich beeinträchtige. Verglichen mit früheren Aufschwüngen sei die weltweite Entwicklung dieses Mal „ganz besonders träge“, urteilte Wurzel.

Für die wichtigsten Handelspartner Deutschlands in der Euro-Zone sind die Aussichten allenfalls mäßig. Frankreich stagniere 2013 weitgehend, in Spanien, Italien und Portugal werde das BIP weiter schrumpfen, in Griechenland sogar auch 2014 – um weitere 1,3 Prozent.

Um die Lage zu verbessern, empfiehlt die OECD weitere Zinssenkungen. Derzeit liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank  nur noch bei 0,75 Prozent. Daneben seien Fortschritte auf dem Weg zu einer Bankenunion „unerlässlich“, denn die Risiken in der Branche müssten von den Staaten entkoppelt werden. Auch sei es wichtig, dem Kapitalmangel der Banken entgegenzuwirken.

Für den Fall eines schweren Abschwungs in der Welt sollten Länder mit „solider Haushaltslage“ wie China und Deutschland für vorübergehende Konjunkturimpulse sorgen. Insgesamt müsse die Politik dafür sorgen, dass es kein „Weitermachen wie bisher“ in der Weltwirtschaft gebe, fordert die OECD. Nicht nur das Finanzsystem müsse wieder geordnet werden, auch seien ökologische Nachhaltigkeit und Maßnahmen gegen die wachsende Ungleichheit gefragt.

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