zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Rosenkrieg auf bayerisch

MÜNCHEN .Noch vor einer Woche galten der ambitionierte Vorstandschef der Bayerischen HypoVereinsbank (BHV) AG, München, Albrecht Schmidt (60), und der frühere Hypo-Bank-Vorstandschef und nunmehrige BHV-Aufsichtsrat Eberhard Martini (63) als Inbegriff von Seriosität.

MÜNCHEN .Noch vor einer Woche galten der ambitionierte Vorstandschef der Bayerischen HypoVereinsbank (BHV) AG, München, Albrecht Schmidt (60), und der frühere Hypo-Bank-Vorstandschef und nunmehrige BHV-Aufsichtsrat Eberhard Martini (63) als Inbegriff von Seriosität.Wegen angeblich vertuschter Milliardenrisiken im Immobiliengeschäft der ehemaligen Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank AG ist nun ganz unvermittelt eine in der Branche beispiellose Privatfehde zwischen beiden Spitzenbankiers ausgebrochen."Schmidts Charakter ist von Eitelkeit zerfressen, so ein Mann kann keine Bank führen", urteilte Ex-Hypo-Chef Martini am Wochenende über seinen Kollegen.Der wiederum hatte ihn zuvor für die Schieflage mitverantwortlich gemacht und ihn, wie Martini behauptet, vergeblich zum Rücktritt als Aufsichtsrat aufgefordert.

Die Emotionen kochen hoch.Sachlich ist die Lage vorerst schwer durchschaubar.Angeblich völlig überraschend ist bei der BHV vorige Woche eine Hypo-Altlast aufgetaucht, die eine Risikovorsorge von 3,5 Mrd.DM nötig gemacht hat.Zumindest behauptet das der Vorstand der erst im September aus der Fusion von Hypo-Bank und Bayerische Vereinsbank (BV) AG entstandenen BHV.Er sei "tief enttäuscht und erschüttert", hatte Schmidt zur öffentlichkeitswirksamen Aufdeckung des durch Immobiliengeschäfte in Ostdeutschland ausgelösten Risikobedarfs zu Protokoll gegeben.Zugleich hatte der BHV-Chef personelle und möglicherweise auch juristische Konsequenzen nicht ausgeschlossen.In der Verantwortung stünden Altvorstände der Hypo-Bank, wobei Schmidt durchblicken ließ, daß er vor allem auch Martini und den ehemaligen Hypo-Aufsichtsratschef Klaus Götte in der Schußlinie sieht, der jetzt auch dem BHV-Aufsichtsrat vorsitzt.

Was postwendend folgte, war Martinis Gegenangriff.Es gebe kein Milliardenloch in der Hypobilanz, konterte der Ex-Hypochef.Er sehe sich fälschlicherweise dem Vorwurf ausgesetzt, Bilanzfälschung betrieben und den Fusionspartner BV vorsätzlich getäuscht zu haben."Schmidt hat meine berufliche Existenz in den Dreck gezogen", tobte Martini.Nun müsse die "causa Schmidt" im BHV-Aufsichtsrat dikutiert werden.Denn möglicherweise, so deutete er an, treffe Schmidt nur Vorkehrungen, um eigene Fehler abzufedern.

Binnen weniger Stunden ist das vermeintliche Opfer Schmidt damit selbst zum möglichen Täter geworden, zumal dessen Rolle auch in Kreisen des BHV-Großaktionärs Allianz AG, München, kritisch gesehen wird.Schmidt habe sein Lamento "schlecht rübergebracht" und Martini "noch schlechter reagiert", urteilt ein Allianz-Insider.Es gelte nun eine Lösung zu finden, die der BHV-Bank nicht schadet.Das sei nicht leicht angesichts des Verhaltens von Schmidt und Martini.

Als "Saubermann" stünde keiner von beiden da.Hinter den Kulissen sind viele Kräfte emsig dabei, die Wogen zu glätten."Wir müssen von dieser Rosenkrieg-Ebene runter", heißt es in der BHV, deren Ansehen auf dem Spiel steht.Als Vermittler gelten der allerdings zunächst selbst angegriffene Aufsichtsratschef Klaus Götte und die Allianz.Vor allem der Assekuranz-Riese liest Überschriften wie "Die Schlammschlacht der Münchner Banker" nicht gerne.

Zurückrudern lautet das Gebot der Stunde.Die Rolle Martinis bei der Immobilienpleite sei "sehr schwer zu beurteilen", meint Schmidt mittlerweile.Bei Götte sieht er "keinen Fehler".Und daß Martini ihn als charakterlich ungeeignet zum Führen einer Bank bezeichnet hat, mag Schmidt nicht glauben.Martinis Verhalten sei stets tadellos gewesen.

Der Disput gehe letztlich nur auf eine "unterschiedliche Risikophilosophie" zurück, beteuern die Vermittler im Münchner Rosenkrieg.Die wahren Schuldigen seien die beiden Ex-Hypovorstände Hans Fey und Klaus Heiss, die dem BHV-Vorstand beide nicht mehr angehören und auch juristisch nicht zu belangen seien.In diese Richtung argumentiert nun auch Schmidt."Die betreffenden Herren sind bereits ausgeschieden", bedauerte er und richtete seinen Zorn ferner auf die an der Fusion zwischen BV und Hypo beteiligten Wirtschaftsprüfer.Der Prüfungsgesellschaft Wollert-Elmendorff will er angeblich das Mandat entziehen.

Zugleich hält Schmidt aber daran fest, vor dem 1.September, dem Verschmelzungstag von Hypo- und Vereinsbank zur BHV, keinen Einblick in die Hypo-Bücher gehabt zu haben und so vom Risikobedarf überrascht worden zu sein.In Branchenkreisen gilt das als äußerst unwahrscheinlich.Selbst Normalaktionären seien Probleme der Hypo-Bank im Immobiliengeschäft bekannt gewesen, kritisiert die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre.Martini nannte Schmidts Darstellung gar eine "Lachnummer".Sein Gegenspieler habe die Aufregung um die 3,5 Mrd.DM neuer Risikovorsorge von langer Hand inszeniert, um per Handstreich einen Teil des BHV-Aufsichtsrats zu kippen und eigene Fehler zu kaschieren.

Die von ehemaligen BV-Bankern dominierte BHV hat indessen eine Reaktion auf Martinis Äußerungen angekündigt.Am heutigen Dienstag findet dort turnusgemäß eine Vorstandssitzung statt.Spätestens am 8.Dezember wird sich dann der BHV-Aufsichtsrat um Martini und Götte treffen.Bis dahin könnte mehr Klarheit über Opfer und Täter herrschen oder noch größere Verwirrung über die Schuldfrage.Am Bankenstandort München wackeln jedenfalls nicht nur Immobiliengeschäfte, sondern auch die Stühle von Spitzenbankern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false