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Wirtschaft: Rot-Grün will noch jahrelang Schulden machen

Finanzminister Eichel deutet an, dass sich Deutschland auch 2005 mit dem EU-Stabilitätspakt schwer tun wird

Berlin (asi/fw). Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) geht bereits jetzt davon aus, dass Deutschland auch in den kommenden Jahren mit hohen Haushaltsdefiziten zu rechnen hat. „Die DreiProzent-Grenze des Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspaktes wird im nächsten Jahr nicht zu schaffen sein“, sagte Eichel am Donnerstag. Und auch für das übernächste Jahr kündigte er an, dass es „harter Anstrengungen“ bedürfe, den europäischen Vertrag einzuhalten.

Die Ursachen dafür sieht Eichel in der „längsten wirtschaftlichen Stagnationsphase der Geschichte der Bundesrepublik“. Die Zurückhaltung der Konsumenten und Investoren führe zu geringen Steuereinnahmen und hoher Arbeitslosigkeit. Beide Entwicklungen könnten nicht binnen Jahresfrist umgekehrt werden. Deshalb werde allein der Bund – selbst bei einem einsetzenden Aufschwung – im nächsten Jahr 30 Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen müssen.

Dennoch scheint sich die Bundesregierung mit ihrer Ansicht in Brüssel durchgesetzt zu haben, dass ein übermäßiger Druck der Europäer auf Deutschland zu einer verlängerten Stagnationsphase auf dem ganzen Kontinent führen würde. Sowohl Eichel als auch Kanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement haben in den vergangenen Monaten wiederholt darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft in Europa nur dann wieder wachsen könne, wenn es den ökonomischen Lokomotiven wie Deutschland gelinge, aus der Stagnation zu kommen.

Diese Argumente sind offenbar gehört worden, in Brüssel genauso wie in der Mehrzahl der europäischen Länder, die den Maastricht-Vertrag trotz Krise einhalten. Die EU-Kommission wollte am Donnerstag zwar noch nicht auf das deutsche Defizit reagieren. Die Frage, ob nach Frankreich auch Deutschland zum dritten Mal in Folge den Stabilitätspakt verletzen dürfe und die Kommission dulden werde, dass die Neuverschuldung über den erlaubten drei Prozent des Bruttoinlandproduktes liegen werde, könne „man noch nicht beantworten“, sagte ein Sprecher von Währungskommissar Pedro Solbes dem Tagesspiegel. Zeitungsberichte, wonach Solbes genau dies der Bundesregierung am Mittwoch in Berlin versprochen hat, bezeichnete er als „Spekulation“.

Und dennoch scheint die Regierung bereits Signale der Akzeptanz aus Brüssel erhalten zu haben. Eichel zumindest sah am Donnerstag keine Gründe, in seine Haushaltsplanungen für die nächsten Jahre milliardenschwere Titel einzustellen, aus denen er eine EU-Strafe finanzieren könnte – ein Indiz dafür, dass Eichel mit keiner Strafe rechnet. Schließlich, so Eichel, habe sich die deutsche Regierung in der Vergangenheit immer an die Empfehlungen aus Brüssel zur Gestaltung der Finanzpolitk gehalten. Würde Deutschland bestraft, müsste Eichel indes erneut einen Nachtragshaushalt durch das Parlament bringen. Am Donnerstag hatte er seinen Nachtragsetat für 2003 vorgelegt (siehe Lexikon).

Brüssel zeigte sich am Donnerstag erst einmal bedeckt: Die Haushaltsberatungen müssten erst zu Ende gebracht werden, bevor die Kommission eine Entscheidung treffen könne, sagte der Sprecher von Solbes. Die neue Situation müsse nun untersucht werden. In der kommenden Woche wird die Kommission ihre eigene Defizitprognose für Deutschland bekanntgeben. Zu dem Zeitpunkt werde die Kommission jedoch noch nicht alle entscheidenden Daten aus Berlin haben, sagte der Sprecher. Wann über den nächsten Schritt im Defizitverfahren gegen Deutschland entschieden werde, sei noch nicht klar.

Am Dienstag war Solbes beim Haushaltssünder Frankreich von seinem ursprünglichen Kurs abgewichen und hatte wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation gebilligt, dass Paris den Pakt zum dritten Mal in Folge verletzt. Zugleich hatte er betont, dass alle Länder gleich behandelt würden.

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