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Middelhoff

© dpa

Rote Zahlen: Karstadt zieht Arcandor in den Abgrund

Arcandor schreibt wegen großer Verluste bei Karstadt und umfangreicher Umstrukturierungen rote Zahlen. Für das schlechte Ergebnis übernahm der scheidende Arcandor-Chef Thomas Middelhoff persönliche Verantwortung.

Herbe Einbußen bei der Warenhaustochter Karstadt und ein teurer Konzernumbau haben den Handels- und Tourismuskonzern Arcandor tief in die Verlustzone gedrückt. Trotz tiefroter Zahlen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2007/2008 und einem Schuldenberg von fast einer Milliarde Euro zeigte sich das Management des Essener MDAX-Konzerns bei der Bilanzvorlage in Frankfurt optimistisch für die Zukunft. "Arcandor befindet sich insgesamt auf einem guten Weg", befand der scheidende Vorstandschef Thomas Middelhoff.

Rund zweieinhalb Monate vor seinem für Ende Februar geplanten Ausscheiden aus dem Konzern bekräftigte Middelhoff die Prognose, 2008/2009 im operativen Geschäft mehr als 1,1 Milliarden Euro Gewinn zu erzielen - dies wäre ein Zuwachs beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von mindestens 34 Prozent binnen Jahresfrist. Voraussetzung sei jedoch, dass sich die Finanzmarktkrise nicht noch verstärke und die Rezession nicht schlimmer ausfalle als erwartet.

Kaufhäuser "sind Problemfall"

Der scheidende Arcandor-Chef hatte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" eine Teilschuld an der Krise des Konzerns eingeräumt. Den Rückschlag "habe ich zu verantworten, weil ich falsche Personalentscheidungen getroffen habe", sagte Middelhoff. Inzwischen sei der Konzern aber wieder auf dem richtigen Weg. Die Kaufhäuser seien "jetzt der einzige Problemfall in einem ansonsten gesunden Unternehmen".

Der Arcandor-Aufsichtsratschef und Gesellschafter des Großaktionärs Sal. Oppenheim, Friedrich Carl Janssen, hatte in der vergangenen Woche eine Neuordnung der Finanzen des Essener Konzerns gefordert. Diese Aufgabe müsse von dem neuen Chef Karl-Gerhard Eick erledigt werden, bevor die nächsten Finanzierungsgespräche anstünden, so Janssen. Das Kölner Bankhaus war mit einem Anteil von knapp 30 Prozent bei Arcandor eingestiegen, als der Essener Konzern im September in eine existenzbedrohende Liquiditätskrise geraten war.

Thomas Cook stützt Arcandor

Für das Geschäftsjahr 2007/2008 stand bei Arcandor (Thomas Cook, Karstadt, Quelle) unter dem Strich ein Verlust von 745,7 Millionen Euro. Das Unternehmen begründete dies vor allem mit Restrukturierungskosten etwa durch Abfindungen oder den Verkauf von Geschäftsteilen sowie außerordentlichen Steuerbelastungen. Im operativen Geschäft erzielte der Konzern, der 2007 nur ein Rumpfgeschäftsjahr von neun Monaten bis Ende September hatte, auf der Basis von pro-forma-Zahlen ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 820,2 Millionen Euro nach 687 Millionen Euro im Jahr zuvor. Der Umsatz blieb mit 19,9 Milliarden Euro nahezu konstant (20,1 Mrd. Euro). Zum Bilanzstichtag hatte der Schuldenberg von Arcandor eine Höhe von 944 Millionen Euro - wobei diese Netto-Finanzschulden Verbindlichkeiten wie Kredite und Anleihen umfassen.

Hauptstütze des Geschäfts blieb der Tourismuskonzern Thomas Cook, dessen Haupteigentümer Arcandor ist. Europas zweitgrößter Tourismuskonzern steuerte rund 60 Prozent des Umsatzes und rund 90 Prozent des operativen Konzern-Ergebnisses bei.

Karstadt-Führung ausgewechselt

Mit Karstadt dagegen sei die Konzernführung "absolut unzufrieden", sagte Middelhoff. Die Warenhaustochter sei nach zwischenzeitlich guten Zahlen "entglitten, das ärgert uns sehr". Finanzvorstand Peter Diesch sprach von einem "eindeutigen Missmanagement bei den Kosten" und einer "verfehlten Rabattpolitik" bei Karstadt. Dies führte bei Karstadt zu einem Einbruch des bereinigten EBITDA binnen Jahresfrist von plus 147,7 Millionen Euro auf minus 4,2 Millionen Euro. Der Umsatz sank um 3,4 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro.

Inzwischen wurde das Karstadt-Management fast komplett ausgetauscht - und Arcandor sieht die Warenhaustochter auf dem Weg zur Trendwende. Das Weihnachtsgeschäft bei Karstadt und in der Versandhandelssparte Primondo sei trotz Wirtschaftskrise gut angelaufen. "Karstadt liegt absolut so, wie wir uns das erhofft haben und auf Vorjahresniveau", sagte Middelhoff. "Bereits im laufenden Geschäftsjahr 2008/2009 werden wir Karstadt wieder auf die Schiene bringen." 2009/2010 erwartet das Management einen unbereinigten Vorsteuergewinn bei Karstadt.

Aktien machen Sprung nach oben

Am 1. März wird der 55-jährige Middelhoff, der den Chefposten bei dem kriselnden Warenhauskonzern KarstadtQuelle (heute Arcandor) im Mai 2005 übernommen hatte, von Telekom-Finanzchef Karl-Gerhard Eick abgelöst. Arcandor-Aktien gehörten am Montag nach der Vorlage der Jahreszahlen zu den stärksten Werten im MDAX und verteuerten sich zwischenzeitlich um fast zehn Prozent auf knapp 2,80 Euro. (jvo/dpa)

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